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Wie man aus diesen beiläufigen Angaben entnehmen kann, gehörte Eibenstein
zwar nicht zu den großen Burgen, wie etwa Hardegg, Kollmünz (die Schreibweise ,,
Kollmitz" ist nicht richtig. Die ursprüngliche Form ist uns noch in dem
fränkischen Ortsnamen „Kollmitz“ [Bayern] erhalten. Kollmünz ist aus Kollmanns [ähnlich
wie Dietmanns [gebildet.]) u. dgl., ist aber größer, als man gemeiniglich
vermutet.
Was die allgemeine Lage des Burgfelsens anbelangt, so befindet sich derselbe
auf einem aus dem Hinterlande in das Talbecken hereinragenden, gegenwärtig dicht
bewaldeten Bergrücken, der gegen Süden steil zum ThayaFluße abfällt und
andererseits durch den tief eingeschnittenen Unter-Pfaffendorfer-Graben begrenzt
wird. Die von drei Seiten mehr oder weniger sturmfreie, d.h. also
angriffsgesicherte Anordnung, wird ostwärts durch einen, teils abermals
natürlich vorhandenen, zumeist jedoch künstlich aus dem Felsen gebrochenen
Burggraben, der sich quer zwischen dem genannten Bachgraben und dem Fluße, nach
beiden Seiten hin abfallend, hinzieht, ergänzt.
Der Bau der Burg
Der Bau der Burg selbst, dürfte trotz der von Natur aus zu einer Befestigung
günstigen Lage, ein sehr mühsamer gewesen sein, denn die Grundflächen der
Gebäude und der ziemlich raumbeschränkten Burghöfe mußten dem Felsen sozusagen
erst abgerungen werden. Deshalb ist auch der absatzartige (terrassenförmige)
Aufbau der Burg begreiflich, und das häufige Zutagetreten des Gesteins
erklärlich. Einzelne Räumlichkeiten sind auch nicht immer auf allen Seiten durch
Mauerwerk abgeschlossen, sondern durch mehr oder minder senkrecht abgearbeitete
Felswände begrenzt. Die Burg Eibenstein ist nicht nur auf, sondern zum Teil auch
in den Felsen hineingebaut. Das eine Gute hatte die Notwendigkeit des Abbrechens
des Felsens behufs Bodengewinnung für die Baulichkeit und Herstellung bzw.
Vertiefung des Burggrabens, daß dadurch zugleich auch ein Teil der Baumittel,
die Bausteine, an Ort und Stelle gewonnen wurden. Nachdem auch der Bausand aus
dem Flußbett der zu Füßen des Bauplatzes vorbeifließenden Thaya nahe bei der
Hand war und das Fällen der Fichten und Tannen, welche den Bauplatz und dessen
nächste Umgebung bedeckten, das erforderliche Bauholz lieferte, außerdem der
Baukalk vermutlich ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Bauplatzes aus den
abgesprengten Bruchstücken des zu Tage liegenden Kalksteinfelsens gebrannt wurde,
so benötigte ein Bauherr damaliger Zeit - die Burg dürfte ungefähr in den Anfang
des 12. Jahrhunderts ihr Entstehen verlegen können - keines bedeutenden
Baugeldes, um sich eine derartige Wohnstätte schaffen zu können.
Was die menschlichen Arbeitskräfte anbelangt, so waren die damals nicht viel
kostspieliger als das Baumaterial. - Die Peitsche des Aufsehers trieb Hörige (Leibeigene)
und Knechte, ob Mann, ob Frau, ob Alt, ob Jung, auf den Bauplatz, und wenn auch
mehrere Duzende von Menschenleben im Laufe der zwei- bis dreijährigen Bauzeit
einer solchen Burg zugrunde gingen, was kümmerte dies den Bauherrn? Ein
Scheltwort aus seinem Munde, ein Fußtritt oder Peitschenhieb - war vielleicht
die Antwort auf allfällige Klagen. Aber auch wie viele Verwünschungen mögen auf
so mancher unserer stolzen Rittersburgen lasten, und wenn der letzte Sprosse
eines darin hausenden Geschlechtes oftmals ein gräßliches Ende fand, wie z. B.
die Sage dem letzten Eibensteiner zuschreibt, so darf es nicht wundern, wenn das
Volk dies als die vergeltende Tat eines rächenden, unerforschlichen Schicksales
betrachtet. Mit welcher Genugtuung mag dann auch mancher der Nachkommen eines
Hörigen, der einst zum Baue der Burg mit Leib und Gut roboten mußte, daran
geschritten sein, an die durch Feindesgewalt gebrochene Burg Hand anzulegen und
Stein um Stein aus dem einst so stolz dastehenden Gemäuer zu lösen, um etwa
seine morsche Holzhütte in ein gemauertes Wohnhaus zu verwandeln, oder aber gar
um jene Steine, die einst den Prunksaal des verhassten Burgherrn bewandeten, zum
Bau eines Kuh- oder Schweinestalls zu verwenden?!
Namensgebung
Es ist ziemlich außer Zweifel, daß die Burg, überhaupt die Örtlichkeit,
ihren Namen nicht dem Erbauer der Burg verdankt, sondern umgekehrt, daß sich
das Geschlecht derjenigen, welche die Burg erbauten, nach der Örtlichkeit
benannte, wie dies in vielen anderen Fällen vorgekommen ist. Ein Beweis, daß
der Ortsname ,,Eibenstein“ nicht erst seit dem Bau der Burg herzuleiten ist,
sondern von jenem Felsen, der gleich einem steinernen Thron das Talbecken
beherrscht, ist der Name der Dörfer Groß-Eibenstein und Klein-Eibenstein bei
Gmünd im nordwestlichen Waldviertel. Hier befindet sich und befand sich niemals
eine Burg, wohl aber mächtige Felsblöcke, von denen ein fast hausgroßer, durch
seine thronende Lage auf einer Anhöhe, auffällig ist.
Bei Gmünd hängt der Ortsname also mit einem bemerkenswerten Stein (Opfer-
oder Brandstein) zusammen. Das Wort ,,Eibe“ ist ein deutsches Wort und
bezeichnet eine Nadelholzbaumart, die schon deswegen den alten Deutschen als
verehrenswert galt, weil sie in nördlichen Gegenden selten vorkommt, aber auch
weil sie dem winterlich aufgefassten Allvater (Wuller oder Uller) geheiligt war,
dessen Aufenthaltsort in der Edda, dem germanischen Heldenepos, Eibenthal
genannt wird. Das bietet uns Anhaltspunkte, daß der Name ,,Eibenstein“ ein
uralter ist.
So muß man davon ausgehen, daß die Bezeichnung der betreffenden Örtlichkeit
schon an-haftete, bevor sich auf oder bei ihr eine feste Wohnstätte befand. Nach
ihr benannte sich dann derjenige, der sich auf dem Fels des Eibensteines,
Buchensteines usw. die Burg erbaute, entsprechend der vom umwohnenden Volke
gebrauchten oder überlieferten Felsbezeichnung. Welchem besonderen Teil des
felsigen Rückens die Bezeichnung ,,Eibenstein“ zukommt, lässt sich unschwer
erraten. Es ist dies jener noch heute in seiner ursprünglichen Zerklüftung
mauerartig emporragende Felsblock, der auf seiner westlichen Plattform den alles
überragenden Turm trägt, während zu Füßen seiner östlichen Abplattung die
kleine Burgkapelle Platz fand. Auch heute finden sich Eiben vereinzelt in den
Wäldern rund um Eibenstein, und man kann annehmen, daß dieser bei unseren
Vorfahren in hohem Ansehen stehende Baum auch früher vorgekommen ist.
Die Burg Eibenstein
a) Zugang und Zufahrt
Jetzt sollen die vorhandenen Überreste der Eibensteiner Burg eingehender
betrachtet und beschrieben werden.
Der Aufstieg zur Burg ist gegenwärtig durch einen Fußsteig von der Straße
Richtung Unter-Pfaffendorf möglich. Früher gab es einen weiteren Aufstieg, etwas
weiter vorn Richtung Unter-Pfaffendorf, ebenfalls von der Straße her. Man ist
bald bei dem Haupteingang der Burg angelangt, denn die Ebene des inneren
Burghofes liegt nur etwa 20 m über dem Spiegel der Thaya.
Es soll zunächst die vermutliche Auffahrt, dann die eigentliche Burg in
Augenschein genommen werden, und schließlich die äußeren Befestigungswerke, so
weit sie eben noch erkennbar sind.
Zur besseren Vorstellung sei auf die beiliegende
Skizze verwiesen, die aber
keine genauen Angaben liefern kann, da manche Teile der Burg, weil sie zerstört
oder verwachsen sind, nicht mehr erkennbar sind und nur erahnt werden können.
Die in der Skizze ersichtlich gemachte Anordnung darf man sich nicht in einer
Ebene gelegt denken, sondern die Burg wurde nach den natürlichen Gegebenheit auf
dem Bergrücken verteilt, der in der Richtung von Nord nach Süd aus dem
natürlichen Graben des Pfaffendorfer Baches bis zum höchsten Punkt des Felsens
(auf dem der Turm steht) terrassenförmig ansteigt (bis auf 33 - 35 m), um dann
zum Flußbett der Thaya abzustürzen.
Wie erwähnt, führten einst zwei Fußsteige zur Burg. Der eine, ziemlich steil
bei a, der andere bequemer, wie es scheint den oberen Arm der ehemaligen
Auffahrtsrampe benützend, bei a1.
Beide Steige führen durch dichtes Unterholz hindurch, über die nördliche
Abhangseite des Burgfelsens zum Haupteingang E. (Die ältesten Burgtore hatten
nur die mäßige Höhe eines Reiters, also ungefähr drei Meter; wo sie höher sind,
ist dies ein Merkmal jüngerer Zeit.)
Derselbe stellt eine rundbogige Toröffnung von 270 cm Breite und 3 m Höhe
vor. Die Seitenflächen der Mauer sind nach innen (in den Burghof zu) beiderseits
stark abgeschrägt, um das Öffnen der Torflügel bequem zu ermöglichen; die innere
Torweite beträgt 380 cm.
Noch sieht man beiderseits in der 130 cm starken Mauer, zweifach
übereinander die tiefen, einst mit Brettern gefütterten Schiebeöffnungen, in
welchen die 25 bis 30 cm im Geviert betragenden hölzernen Torriegel eingeschoben
werden konnten. Nachdem sich nirgends mehr im äußeren Mauerwerk der Burg eine
ähnlich weite und hohe Toröffnung zeigt, so muß man wohl annehmen, daß man es
hier mit dem Haupttor zu tun hat. Auffällig ist wohl, daß dieser Eingang nicht
durch einen befestigten Turm und vorliegenden Graben gesichert ist, wie das
sonst bei Burgen zumeist der Fall war, bzw. daß man in diesem Falle den
Haupteingang an einer Stelle anbrachte, wo es überhaupt nicht tunlich erschien,
einen Graben anzulegen. Es muß auf diesen Umstand besonders verwiesen werden,
weil auch das später zu erörternde untere Rampentor durch keinen quer
vorgelegten Graben, wie es heute scheint, in dieser Weise geschützt war.
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Abb. 4:Haupteingang (E) von außen
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Abb. 5:Haupteingang (E) von innen
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Vor E war ein Graben gewiss niemals vorhanden, denn sonst müßten
auch beiderseits des Tores oder oberhalb noch die länglichen Schlitze für
die Kette der Fallbrücke zu sehen sein. (Die zahlreich zu bemerkenden
kleinen quadratischen Maueröffnungen sind die Aussparungen für die
durchlaufenden Gerüsthölzer beim Bau.)
Wohl käme noch eine zweite Maueröffnung E2 an der Ostseite der Burg in
Betracht, zu deren Füßen sich der von Süd nach Nord ziehende ,,äußere
Burggraben“ hinzieht, aber abgesehen von ihrer geringeren Breite (2 m) kann
diese Öffnung trotz des Grabens schon deshalb
nicht als Zufahrts- oder Haupteingang gelten, weil hier jegliche Möglichkeit
fehlt, denselben überhaupt von außen nach innen hin fahrbar zu benützen,
denn die dieser Öffnung gegenüberliegende Grabenböschung fällt so steil ab,
daß an eine Zufahrt gar nicht zu denken ist; auch fehlt jegliche Spur einer
über den hier in Betracht kommenden Teil des nördlichen Abhanges
heraufführenden Rampe, von der doch noch halbwegs ein ehemaliger Anschluß
zu bemerken sein müsste. Würde diese Maueröffnung überhaupt einen
wichtigeren Eingang zur Burg gebildet haben, so müßte
auch der vorliegende tiefe Graben durch eine Zugbrücke überschreitbar
gewesen sein, man müßte der Öffnung E2 gegenüber,
auf der Gegenseite des Grabens, Spuren eines im Felsen gehauenen oder
gemauerten Auflagers und in der Tormauer die unvermeidlichen Schlitze für
die Zugkette der Brücke, beiderseits der Öffnung E2, bemerken können. Aber
beide Merkmale fehlen, und nachdem zur erst erwähnten Toröffnung E
tatsächlich von α1 her gegen E eine Rampe führt,
so dürfte selbe mit ziemlicher Gewißheit als das
Haupttor der Burg zu betrachten sein.
Die Rampe selbst machte bei α1 eine scharfe
Biegung in entgegengesetzter Richtung nach abwärts gegen C. Dieser Teil der
ehemaligen Zufahrt zur Burg bildet gegenwärtig ein Stück der Straße, die von
Eibenstein nach Unter-Pfaffendorf führt. Der Anschluß des unteren
Rampenarmes an den oberen (die Biegung, Wende oder Kehre) ist heute nicht
mehr zu bemerken, da sie durch Benützung bzw. Fortsetzung des unteren
Rampenarmes als Straße nach Unter Pfaffendorf längst abgegraben sein dürfte.
Bei C zeigen sich beiderseits des Weges Mauerteile m und m1 , welche
vermutlich die Reste eines Tores waren, das hier die Rampe abschloß.
Wenn man sich die vorhandenen Mauerreste ergänzt denkt, so würde man ein die
Toreinfahrt schützendes Bauwerk (m n o p) erhalten, das zugleich als
Befestigungsvorwerk (sog. Koffer) betrachtet werden kann. Nachdem auch auf
der anderen Wegseite Mauerreste bemerkbar sind, so bildete m1, n1, o1, p1
vielleicht mit m, n, o, p ein gemeinsames turmähnliches Gebäude, welches die
Durchfahrt gestattete und den unteren Eingang sicherte.
Von m1, n1 dürfte sich eine starke, gegen den Bachgraben abfallende
Mauer, die Rampe aufwärts zum Schutz derselben fortgesetzt haben, denn k1,
l1, m1, n1 stellen heute einen aus zusammengestürztem Mauerwerk gebildeten,
im Mittel 4 m breiten und über 1 m hohen Wall vor, der aufwärts an Breite
und Höhe abnimmt, weil dann die Bachsohle immer tiefer eingeschnitten
erscheint, je mehr die Seitenwände des natürlichen Grabens ansteigen. Auch
das Stück 1, m zeigt Mauerreste, so daß die Rampe
beiderseits zwischen festen Mauern zur Burg hinaufführte. Ob genau bei
α1 die Wendung stattfand, lässt sich nicht
bestimmt sagen, denn es fehlt heute an einer zuverlässigen Übergangsstelle,
auch sind hier keine Mauerreste zu bemerken; dennoch müßte
ungefähr hier die Wendung stattgefunden haben, da weiter oberhalb und
unterhalb die Möglichkeit ausgeschlossen
erscheint, die beiden Rampenarme günstig zu verbinden.
Durch die spätere Anlage oder Ausgestaltung des Fahrweges von Eibenstein
nach Pfaffendorf dürfte eben, wie erwähnt, die ursprüngliche Anlage der
Rampe an dieser Stelle stark verändert worden sein. Möglicherweise ist das
Bruchstück des 4 m hohen und 125 cm starken Ansatzes bei D an der Außenmauer
des Gebäudes G2 das Ende jener Mauer, die in ihrem unteren Teil die Rampe
gegen den Graben abschloß, dann von k1 an
α1 vorbei, den Abhang aufwärts gegen D führte und
so die Burg gegen die Pfaffendorfer Seile abschloß.
Zu Füßen dieser Mauer zog sich dann auch der äußere Burggraben hin, der
nordwärts in den Pfaffendorfer Bachgraben mündete. Dann aber bildete jene
Öffnung E2 eine Nebenpforte, durch welche man durch den Graben hindurch auf
einem Fußweg nach Unter-Pfaffendorf gelangen konnte. So viel über die
Zufahrt und den Zugang zur Burg.
b) Das innere Burgtor und das Herrenhaus (Palas)
Betritt man nun bei E das Innere der Burg, so zeigt sich rechter Hand
ein hohes Gebäude G, welches sich als der festeste und wohlerhaltenste Teil
der Burg darstellt. Durch ein 240 cm hohes, außen 165, innen 200 cm weites
Tor E1 gelangt man in das Erdgeschoß jenes Gebäudes, dessen vier Mauerwände
noch gut erhalten sind. Die beiden Außenmauern, die längere gegen Westen und
die kürzere gegen Norden, besitzen eine Stärke von 160-170 cm.
Die Hofmauer, in der sich das Tor E1 befindet, ist 140 cm stark. Der Fuß
der westlichen wie der nördlichen Außenmauer ist durch ein niedriges
Mauerstück S und S1 (siehe
Skizze) noch besonders gesichert. An den ungefähr
über 8 m aufstrebenden senkrechten Wänden bemerkt man noch die Spuren der
Unterteilung in drei Geschoße. Das unterste (Erdgeschoß) war gegen 280 cm
hoch, das erste und zweite Stockwerk je 250 und 300 cm. Die vier Wände des
Gebäudes schließen eine trapezförmige Grundfläche ein, deren beide
Längsseiten 10,70 bis 10,80 m, deren Breitseite 6,80 bzw. 3,40 m messen,
womit also auch die Größenverhältnisse aller Geschoßräume, die nach oben hin
gleich bleiben (die Mauerstärken verjüngen sich nicht) gegeben sind. Rechts
vom Tor E1 bemerkt man im Boden des Erdgeschoßes eine beiläufig 2 m im
Durchmesser habende, kreisförmige, trichterförmige
Vertiefung, die von dem verschütteten Drehbrunnen herrührt. Der rechte Teil
des Erdgeschoßes bildete demnach eine Brunnenstube.
Der linke Teil des Erdgeschoßes ist vom Hof her durch ein 122 cm weites,
sich nach außen auf
80 cm verengendes Fenster erhellt und diente vielleicht als Geräteraum. Die
südliche Schmalseite dieses Raumes stellt hier eine bloße Felswand vor.
Gegenüber dem Tor E1 befindet sich in der Außenmauer eine innen 125 cm weite
und 165 cm hohe Öffnung, durch welche man einen Ausblick auf das Dorf im Tal
hat. Das Erdgeschoß war vom nächstoberen Stockwerk durch einen starken
Dippelboden getrennt. In das erste Stockwerk
gelangte man von dem Vorraum R durch die 80 cm weite und 200 cm hohe Türe d.
Der Fußboden des Erdgeschoßes im Vorraum R liegt nämlich gleich hoch mit dem
Fußboden des ersten Stockes im Gebäudeteil G, da der Vorraum auf
jener Felsterrasse liegt, die den inneren Burghof um 2 bis 2 ½ m (die Sohle
des Erdgeschoßes G fast um 3 m) überhöht. In der westlichen Längsseite sind
zwei Maueröffnungen, in der Mitte der nördlichen Schmalseite eine, in der
Hofwandseite auch eine Öffnung zu bemerken; diese , teils rechteckig, 100 -
120 cm weit und 90 - 100 cm hoch, verjüngen sich aber nach außen hin zu bloß
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Abb. 7: Palas, innen,
Blickrichtung Südost
zum zwickelförmigen Bau,
der als Treppenhaus
für den Palas diente.
Unten, im ersten Stockwerk
die Tür (d), im Hintergrund
der Bergfried
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Abb. 8: Palas, innen, Blickrichtung Nordwest. Im ersten Obergeschoß
nach innen erweiterter
Fensterschlitz, im
Obergeschoß stichbogenförmige Nische mit Seitenbänken
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Abb.9: Blick in den Palas vom Bergfried
aus in Richtung Nordwest. Im Mittelgrund die obere Tür vom Treppenhaus
in den Palas
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20 - 30 cm weiten Mauerschlitzen. Nebst diesen Lichtöffnungen zeigten
die Wände dieses Geschoßes außer einer Wandnische noch als bemerkenswert
eine ungefähr 1 m lange, ungefähr
40 cm über dem einstigen Estrich (Lehmbelag des Dippelbodens) ziehende,
rinnenartige Vertiefung, in der nordwestlichen Ecke dieses Geschoßes, welche
Rinne das Auflager vom Kopfende einer Lagerstätte (Pritsche) anzudeuten
schien. Diese Rinne ist heute nicht mehr zu erkennen. Dieser so ungastlich
erscheinende Raum diente dem Gesinde zum Aufenthalt.
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Abb. 10
Dreistöckiger Palas. Längsseite. Mittel- und Obergeschoß. Im
Mittelgeschoß nach innen erweiterte Fensterschlitze, im Obergeschoß
stichbogenartige Nischen mit Seitenbänken. Zwischen den beiden
Stockwerken Löcher für die Aufnahme der Deckenbalken.
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Heute würde man dieses durch wenige schießschartenartige Mauerschlitze
erhellte Gelass überhaupt nicht als Wohnraum für Menschen erachten. Die
kleinen Fenster- und Türöffnungen entsprachen jedoch den Anfordernissen
der damaligen Zeit. Man mußte stets auf feindliche
Überfälle bedacht sein; deshalb brachte man in den Mauern nur die
unumgänglich nötigsten Öffnungen an und diese so klein als möglich.
Um das Einsteigen zu verhindern, erhielten die Räume des Erdgeschoßes in den
Außenwänden überhaupt keine Fenster. Aus Sicherheitsgründen wurden selbst
noch die im ersten Stock nötigen Lichtöffnungen so schmal angelegt, wie im
vorliegenden Fall, so daß ein Eindringen von außen
selbst mit angelegten Leitern unmöglich war. Neben der weiteren Absicht, die
Mauern so wenig als möglich zu schwächen und auch die Öffnungen an und für
sich im Kriegsfall leichter zu verrammeln und verteidigen zu können, war
auch noch folgende Erwägung für die geringe Größe der Tür- und besonders der
Fensteröffnungen bestimmend: Zumeist auf luftigen Fels- und Berghöhen
gelegen, erforderte der Schutz gegen die Einflüße
der kalten Jahreszeit möglichst kleine Tür- und Fensteröffnungen. Damals war
auch das Glas noch ein sehr kostspieliger Handelsgegenstand und nur die
Fenster der Herrenleute waren mit kleinen, durch Bleiumfassungen gehaltenen,
runden, farbigen Glasflüßen (Butzenscheiben)
-große weiße Fenstertafeln konnte man damals noch nicht herstellen -
verschlossen.
In Wien kamen die ersten Glasfenster erst 1458 auf. Vordem benützte man auch
hier dünn gespaltene Darmhäute, ölgetränktes Papier als lichtdurchlassende
Fensterverschlüsse. Die Lichtöffnungen der übrigen Räume wurden im Winter
durch in Öl getränktes Papier, oder aber zumeist durch vorgelegte Bretter,
die man mittelst hölzerner Schubriegel an das Gebäude anpresste, vermacht.
Türen und Fenster konnte man also damals noch nicht luftdicht abschließen
wie heute. Eiserne Fensterriegel wendete man ebensowenig an wie eiserne
Türschlösser. Der Verschluß der hölzernen Fensterläden und der Türen
geschah durch einen hölzernen Riegel, der innerhalb in entsprechend tiefen,
seitlich im Mauerwerk ausgesparten Schiebelöchern, die häufig zur leichteren
Bewegung mit Holz gefüttert waren, hin und her geschoben werden konnte.
Eines der seitlichen Schublöcher ist stets so tief, daß das Riegelholz
darin der ganzen Länge nach geborgen werden konnte, so daß sich die Türe
ganz öffnen ließ. Daß zwischen dem Bretterverschluß
und dem Steingewände trotzdem die kalte Luft hindurch zog, ist begreiflich
und nun erklärlich, warum man die Lichtöffnungen,
insbesonders in Schlaf- und jenen Räumen, die dem Gesinde zum Aufenthalte
dienten, spärlich anbrachte und klein herstellte.
Die Ausstattung solcher Gelasse, die vom vielbeschäftigten
Gesinde tagsüber fast gar nicht benützt und hauptsächlich als Schlafräume in
Anspruch genommen wurden, wozu man nicht viel Tageslicht bedurfte, war
überhaupt sehr einfach. Heu- und Strohhaufen auf dem Dielenboden
(Lehm-Estrich) oder in hölzernen, einfach gefügten Bettstellen (Pritschen)
mit darübergeworfenen Tierfellen bildeten das Lager.
Aenas Sylvius, der im 15. Jahrhundert lebte, berichtet, daß
damals noch die Hofleute (also nicht einmal das niedere Gesinde) in einer
Kammer, je zwei in einem noch dazu höchst unreinlichen Bett schliefen.
Bestanden solche Zustände am kaiserlichen Hoflager, so kann man sich eine
Vorstellung von den Schlafräumen und Lagerstätten der Dienstleute, in den
kleineren Burgen der früheren Jahrhunderte, machen. Noch im Jahr 1234
schlief der König von England auf Tierfellen. Erst in diesem Jahr ließ er
sich eine hölzerne Bettstelle zimmern, die mit einem Strohsack versehen
wurde.
Einige hölzerne Truhen und Wandbretter, Haken an den Wänden zum Aufhängen
der Kleidungsstücke und Geschirrstellen vervollständigten neben der Ofenbank
und dem Schragen zum Trocknen nasser Kleidungsstücke so ziemlich die ganze
Einrichtung einer solchen Gesindestube, die in raumbeschränkten Burgen
beiden Geschlechtern zum gemeinsamen Wohnraum diente. Auch die Ausstattung
der Wohnräume der Burgbesitzer oder ihrer Hauptleute, besonders in Burgen
vom Range der Eibensteiner, haben in Wirklichkeit mit den von
Romanschriftstellern erzeugten Schilderungen von Pracht und Herrlichkeit nur
in den seltensten Fällen übereingestimmt. Doppelspännige, mehr oder weniger
verzierte, strohgefüllte Bettstellen, mit Leintüchern und Kopfkissen (das
Feder- oder Flaumenbett wurde erst im 16. Jahrhundert üblich), mehr oder
minder verzierte hölzerne Truhen zur Aufbewahrung von Wäsche und der
verschiedenen wertvolleren Habseligkeiten, Bänke an den Wänden, kleine, in
die starken Mauern eingelassene Wandschränke, starke eicherne Tische
bildeten, vielleicht noch nebst einer Harfe oder Gitarre, die
Haupteinrichtungsstücke. Wohl fehlten auch in diesen Räumen nicht
Geschirrstellen und Haken an den Wänden, letztere zum Aufhängen der Rüstung
und der zum täglichen Gebrauch gehörigen Kleidungsstücke.
Diese Erklärungen sollen dazu dienen, um das soeben in Betracht gezogene
Mittelgeschoß nicht als einen nur zu Verteidigungszwecken dienenden Raum zu
erklären, dessen schlitzartige Maueröffnungen als ,,Schießscharten“ gedient
hätten; hierzu taugten diese aber keinesfalls, da sie das erforderliche
Hineintreten eines mit einer Armbrust u. dgl. bewaffneten Schützen (die
Feuerschießwaffen sind ja erst eine ,,Kultur“errungenschaft des 15.
Jahrhunderts) in die ,,Schieß“schartenöffnung nicht gestatten, was doch, um
einen gewissen Vorraum bestreichen zu können, unbedingt nötig gewesen wäre.
Aus einer Ecke dieser Gesindestube, oder des ersten Stockwerkes, gelangte
man mittels einer hölzernen Treppe in das zweite. Das Abteil des ersten
Stockwerkes, in dem sich die Treppe in das zweite befand, war vermutlich
durch eine Holzwand von dem übrigen Raum der Gesindestube getrennt und durch
eine in dieser Holzwand angebrachte Türöffnung zugänglich. Das zweite
Stockwerk besaß eine lichte Höhe von fast 3 m und war mittels eines
einfachen Trambodens vom Untergeschoß geschieden. Noch sieht man in den
Längswänden des Gebäudes die Öffnungen in der Mauer, in welchen die
Tramköpfe ruhten. Die Entfernung der Trame betrug ungefähr 80 - 90 cm von
Mitte zu Mitte. Auf den Trambalken wurde sodann
die Bretterverschalung des Fußbodens befestigt.
Das zweite Stockwerk zeigt an der Westseite drei Fensteröffnungen; an der
Nordseite (in der Mitte der Wand) eine; in den Hof hinab an der Ostseite
zwei. Jedes dieser Fenster befindet sich in einer gewölbten Mauernische, die
vom Fußboden aufwärts 230 cm Höhe misst und fast bis an die Decke reicht.
Die Breite der Fensternischen ist nicht gleich. Die in der Ecke bei A, wo
die Westseite mit der Nordseite des Gebäudes zusammentrifft, sowie die in
der Nordseite angebrachte, sind 215 cm weit, 120 cm tief und 230 cm hoch.
Die Nischen der übrigen Fenster sind weniger breit (130 bis 150 cm), aber
alle besitzen beiderseits der Fensteröffnung 40 cm breite, gemauerte Bänke,
die mit einem Sitzbrett versehen waren.
Die Größe der Fenster, von denen vier mit schön abgemeißelten granitenen
Wandstücken umrahmt sind, ist, entsprechend der Weite der Nische,
verschieden. Die Fenster in den Nischen A bis A3 besitzen 100 cm Höhe und 50
cm Weite. In den granitenen Verkleidungsstücken zeigen sich ausgestemmte
Löcher, an der Längsseite des Fensterstocks beiderseits je drei, an der
Schmalseite je zwei, welche zum Einlassen eines eisernen Fenstergitters
dienten. Auch beim gegenüberliegenden Hoffenster bemerkt man, im Gewände
desselben, die Vertiefungen für die Gitterstangen. Es waren also die Fenster
des zweiten Stockes vergittert, ein Beweis, daß
die Burgbesitzer dem Landfrieden, selbst in dieser Höhe, nicht recht
trauten. Die Maschen dieser Fenstergitter gestatteten gerade zur Not, daß
man den Kopf hindurchstecken konnte.
Das mit verhältnismäßig vielen (also sechs) und ,,großen“ Fenstern,
besonders aber mit jenen weiten alkovenartigen Nischen ausgestattete Geschoß
ist dadurch als das vornehmste in der Burg, als besonderer Wohnraum der
Burgbesitzer gekennzeichnet.
Man ist zumeist geneigt, diesen obersten Raum im Gebäude G der Eibensteiner
Burg leichthin als den ,,Rittersaal“, welcher ausschließlich zu festlichen
Zusammenkünften bestimmt war, zu bezeichnen. Indessen darf man nicht
vergessen, daß Burgen wie die Eibensteiner, die zu
den kleineren oder höchstens mittleren, zu den von Angehörigen des niederen
Adels erbauten Wohnsitzen gehörte, ursprünglich auch räumlich ziemlich
beschränkt war, so daß an einen eigenen,
ausschließlich zu festlichen Gelagen und Zusammenkünften bestimmten
,,Prunksaal“ nicht recht gedacht werden kann. Es ist aber nicht
ausgeschlossen, daß das zweite Stockwerk hier
nicht nur dem Aufenthalt des Burgherrn, sondern auch zugleich der besonderen
Bewirtung von Gästen gedient haben konnte. Der Raum ist nämlich groß genug
(über 10 m lang und 5 m breit), um anzunehmen, daß
der schmälere Teil des Geschoßes durch eine Bohlenwand (in der Zeichnung
durch eine punktierte Linie dargestellt) vom größeren geschieden war, wofür
auch die Verteilung der Fenster in den beiden Längsseiten des Stockwerkes
sprechen würde, weil zu erkennen ist, daß sie
nicht alle einen gemeinsamen Raum zu erhellen
hatten. Es würde sonach das oberste Stockwerk in zwei Räume geteilt gewesen
sein, in ein größeres, von den vier vorderen Fenstern erleuchtetes Gemach,
und in ein kleineres, rückwärtiges Schlafzimmer, das mit kleineren Fenstern
versehen war.
Daß das zweite Stockwerk nicht ausschließlich
als „Prunkgemach“ gedient haben mochte, geht auch daraus hervor, daß
nur die Fensteröffnungen des noch vorne liegenden Geschoßraumes gleichmäßig
groß (50 x 100 cm) sind, während diejenigen, welche das ,,Schlafgemach“
beziehungsweise den gewöhnlichen Wohnraum erhellten, bedeutend kleiner sind,
nämlich bloß
35 - 40 cm breit und 70 - 80 cm hoch. Daß man für
die Schlafräume in damaliger Zeit der Winterkälte wegen kleinere
Fensteröffnungen machte, ist an anderer Stelle bereits erörtert worden. In
der Zeichnung sind die Fensternischen des zweiten Stockwerkes durch
punktierte Linien angedeutet. Die Fensteröffnungen selbst wurden hierbei
außer acht gelassen. Bemerkenswert ist noch, daß
die Fenster (in A4 und A5) des als Schlafgemach erachteten Raumes, zum
Unterschied von denen des ,,Prunkgemachs", keine gemeißelten
Steinverkleidungen besaßen, was also auch dafür sprechen würde, das dieses
im rückwärtigen Teil des zweiten Stockwerks gelegene Gemach überhaupt
untergeordneteren Zwecken gedient hätte als das vordere.
Obgleich es in kleineren Burgen auch vorkam, daß
der Burgherr mit seiner Familie zusammen wohnte, so deuten die
Wohnungsverhältnisse auf Eibenstein doch wieder darauf hin, daß
wenigstens später der Burgfrau und ihren Pflegebefohlenen ein eigener
Gebäudeteil zugewiesen war, welchen wir in G1 vermuten dürfen. Doch bevor
dieser Teil, das sogenannte Weiberhaus, auch Kemenate oder Gadem genannt,
eingehender besprochen werden soll, sei erst das Herrenhaus oder der Palas
(G) zu Ende beschrieben. Entschieden hatte das große Gemach im obersten
Geschoß des Palas die schönste und angenehmste Lage.
Aus seinen Fenstern genoß man einen herrlichen
Ausblick in das liebliche Talbecken zu Füßen der Burg, auf die
weißgetünchten, friedlich aus dem Grün der Gärten hervorlugenden Häuschen
des Dorfes, auf die so ungemein anmutig auf den Hügel erbaute Kirche und
ringsum auf die dichtbewaldeten Berge und Talgehänge. Denkt man sich dazu
die das Tal durchfließende Thaya mit dem rauschenden Mühlwehr und die Zeit,
wo die untergehende Sonne die Wipfel der Bäume, die Dächer der Kirche und
der höhergelegenen Häuser im goldigen Schimmer erscheinen lässt, so ist es
begreiflich, daß dieses Gemach der Burg zum
vornehmsten Raum derselben bestimmt werden konnte. - Ob Wohnraum des
Burgherrn oder ,,Rittersaal", das läßt sich nicht
mehr genau entscheiden. Nehmen wir jedoch an, daß
die breitere, größere Hälfte des obersten Stockwerkes im Herrenhaus G später
als Prunkraum oder ,,Rittersaal" diente, wo die so oft geschilderten Gelage
stattfanden.
Auch solche Räume hatten in damaliger Zeit gar nicht so viel Prunkhaftes an
sich. Das Schönste an ihnen war zumeist eine dunkel gebeizte hölzerne
Balkendecke, deren einzelne Trame mehr oder weniger mit Schnitzwerk verziert
waren. Nur in den vornehmeren Burgen war die Decke kunstvoll getäfelt und
die Wände des Prunksaales mit gebeizten Holztafeln verkleidet. Die Wände
waren sonst meist weiß getüncht, oder mit jenem glasharten, marmorartigen
Kalkmörtel glatt überzogen, dessen Herstellung ein Geheimnis der damaligen
Zeit geblieben zu sein scheint. Ringsum an den Wänden eines solchen Raumes
zogen sich dann Sitzbänke hin, in der Mitte aber stand der mächtige, lange
Eichentisch. An der einen Schmalseite befand sich wohl auch ein Schenktisch
(Kredenz). Die Wände waren mit Waffen, Rüststücken, bisweilen vielleicht
auch mit Ölgemälden verziert. Der Fußboden, ein Estrich, in späteren Zeiten
aus Steinfliesen hergestellt, war mit mehr oder
minder kostbaren Matten oder Tierfellen belegt. So können wir uns ungefähr
den Prunksaal, was Fußboden, Decke und Wände betrifft, auch die Wohnräume
des Herrn einer Burg aus dem 11., 12., 13. und 14. Jahrhundert vorstellen.
Während nun der Burgherr allenfalls bei besonderen Anlässen mit seinen
Gästen am großen Tisch wacker zechte und seine und anderer Genossen Kriegs-,
mitunter auch Raubtaten, besprochen wurden, saßen die Frauen bescheiden in
jenen tiefen Fensternischen mit einer Handarbeit beschäftigt, oder aber ab
und zu füllten sie auch die Becher der trinkgewaltigen Zecher,
vorausgesetzt, der Burgkeller besaß Weinvorrat. Damals war es nicht Sitte,
daß Frauen am Zechtisch der Männer saßen. Nahm
aber die Unterhaltung der bereits weinbegeisterten Männer einen etwas
bedenklichen Grad an, dann entfernte sich die Hausfrau aus dem Saal,
übertrug das Schenkamt einem Knappen und begab sich in ihre besonderen
Gemächer.
c) Der Vorraum R mit dem Abort
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Abb. 11: Südwestansicht Burg Eibenstein um 1880.
Erkennbar ist der damals noch unbeschädigte
Abtritterker/ Abort mit Dach
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Wie das erste Stockwerk des Hauptgebäudes G, die Gesindestube, durch die
Türe d mit dem Erdgeschoß des Vorraumes R in Verbindung stand, so führte
wieder aus dem zweiten eine Türe in das erste Geschoß dieses Vorraumes, das
hier eine Art Vorzimmer bildete. Aus diesem Vorzimmer - die Genauigkeit der
vorliegenden Darstellung erfordert diese Erwähnung - führte rechter Hand
eine Türe in den Abort, einer 80 cm weiten, 190 cm hohen, nischenartigen
Ausnehmung in der fast 170 cm starken Fortsetzung der Hauptmauer. Der äußere
Abschluß dieser Maueröffnung ist durch eine 40 cm weite, über die
Außenfläche der Hauptmauer ausladende, sogenannte Pechnase (a), die oben
schief abgedeckt war, hergestellt. Das 25 cm starke Mauerwerk der
,,Pechnase“ ruht auf zwei starken, abgemeißelten und 60 cm vorragenden
Tragsteinen.
Das Sitzbrett, dessen Auflager noch deutlich zu sehen ist, befand sich in
einer Höhe von 45 cm über dem Fußbodenbelag des Raumes. Die eine Schmalseite
der ,,Pechnase" zeigt eine kleine viereckige Öffnung. Zur Linken in der
Hauptmauer ist 80 cm über dem Boden eine 30 cm tiefe, 44 cm breite und 36 cm
hohe Wandnische, vermutlich zum Einstellen des Lichtes angebracht.
Noch heute zeigen die Steine des Mauerstückes unterhalb der ,,Pechnase" ein
derart verändertes Aussehen (von dem übrigen angrenzenden Mauerwerk), daß
kein Zweifel darüber herrschen kann, welchem Zweck die Pechnase hier
ausschließlich diente. Von einem empfindsamen Schönheitsgefühl und einer
zarten Rücksichtnahme auf die auf der anderen Seite des Flußes wohnenden
Untertanen legt diese Verwendung der Pechnase durch die Burgleute kein
Zeugnis ab. Indessen hatte diese Art und Weise der ,,Kanalisierung" in die Thaya den einen Vorteil, daß die Luft innerhalb
der Burg von unangenehmen Gerüchen frei blieb. Wir dürfen auch in dieser
Beziehung nur den Maßstab der damaligen Zeit, der Erbauungszeit der Burg,
anlegen.
Nachdem hier schon die ,,Pechnasen", jene erkerartigen Vorsprünge an den
Außenmauern der Burg erwähnt wurden, so sei bemerkt, daß
diese Vorrichtungen zumeist oberhalb der
Eingangstüren und -tore angebracht wurden, mit der Bestimmung, die Gegner,
die hier
einzudringen versuchten, von oben herab mit Steinen zu bewerfen, mit
siedendem Pech (daher der Name Pechnase) zu begießen, ohne daß
sich die Verteidiger bei dieser menschenfreundlichen Tätigkeit den
feindlichen Blicken und Geschoßen auszusetzen brauchten. Zu diesem Zwecke
ist auf Eibenstein keine ,,Pechnase" bemerkbar, denn die einzige, die
vorhanden ist, ist eben jene bereits angeführte, die sich, gemäß ihres schon
ursprünglichen Zweckes an einer Stelle befindet, wo die Steilheit des
Felsens und die Nähe des Flußes jeglichen feindlichen Angriff von
vornherein ausschließt. Zu bemerken ist noch, daß
es in einzelnen Burgen ,,Pechnasen" gab, die zumeist in den Burggraben
ausluden, welche wohl auch beiden hier angedeuteten Zwecken (je nachdem ob
Friedens- oder Kriegszeit war) dienten.
Bevor der Vorraum R, dessen Grundrißform ein an
zwei Ecken abgestumpftes Dreieck vorstellt, verlassen werden soll, erübrigt
es noch der Maueröffnungen darinnen zu gedenken. Im Erdgeschoß befindet sich
der 90 cm breiten und 180 cm hohen Türöffnung (g) gegenüber in der
Hauptmauer ein Licht- und Luftschlitz, 60 cm weit, 110 cm hoch, der sich
nach außen auf 20 cm Weite und 80 cm Höhe verjüngt. Der Aborttüre gegenüber
im ersten Stock ist eine ähnliche schlitzartige Maueröffnung in den Hof
hinaus zu bemerken. Aus dem Erdgeschoß von R gelangt man durch die Türe g
auf die hier im Mittel 5 m breite Terrasse, von der vermutlich in der Nähe
der Küche einst eine steinerne Treppe in den Hof H1 hinabführte.
d) Der Zubau K (Pferdestall oder Pförtnerwohnung)
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Abb. 12: Hinter dem Haupttor rechts ein Mauerstück des
„Stallgebäudes“ oder der Pförtnerwohnung
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In der Ecke, zwischen dem Palas (G) und dem Burgtor (E), erhebt sich ein 2 m
hoher, ebenerdiger Zubau (K), welcher einst als Pferdestall gedient haben
soll, wahrscheinlicher jedoch als Pförtnerswohnung. Die Wand gegen das Tor
zu besaß eine kleine Fensteröffnung.
Der vor dem Eingang harrende und Einlaß heischende
Besucher verständigte den Pförtner oder Torwart (heute Portier) meist durch
Zuruf und kurzer Angabe seines Begehrens, bzw.
veranlaßte ihn zum Öffnen
des Tores. Glockenzüge gab es im Mittelalter nicht. Bisweilen war wohl auch
an der Außenseite des Tores eine Metallplatte eingelassen und oberhalb ein
beweglicher, eiserner Klopfer, den man aufhob und auf die Platte fallen
ließ, oder aber es hingen draußen vor dem Tor große Schalltafeln aus Holz
oder Metall, daneben an einer Kette ein hölzerner oder eiserner
Hammer.
Dieser Zubau umschließt ein unregelmäßiges längliches Viereck, mit einer 160
cm weiten, ursprünglich wohl engeren Eingangsöffnung (bei i). Die beiden
Schmalseiten des Gebäudes messen innen je 320 cm, die mittlere Länge beträgt
880 cm. In der Ecke bei u zeigt sich eine Vertiefung, die angeblich vom
verschütteten Kellerzugang herrühren soll. Der Sage nach soll der Keller
eine weitläufige unterirdische Räumlichkeit bilden, in der sich noch Fässer
alten Weines, der von seiner ,,eigenen Haut“ geschlossen ist
(Weinsteinkruste), befinden. Aus diesem Keller führe ein geheimer Gang unter
dem felsigen Flußbett der Thaya hindurch in den
Hohlraum des Hügels, auf dem die alte Egydiuskirche steht.
Der 140 cm starke Maueransatz v liegt mit der Innenseite der Wand w nicht in
einer Flucht, da die Stärke der letzteren nur 100 cm beträgt; w1 besitzt 120
cm Stärke. Dem Anschein nach dürfte der nicht besonders fest gemauerte Zubau
K erst später errichtet worden sein, wie überhaupt die Burg verschiedene
Bauzeitabschnitte (Perioden) erkennen läßt, was
deutlich daraus hervorgeht, daß einzelne
Maueranschlüsse nicht mittels ,,Läufer“ und ,,Binder“ (übergreifende Längs-
und Querstücke) aneinandergefügt sind, also sogenannte ,,Schmatzen“
aufweisen, sondern an mehreren Stellen stumpf aneinander stoßen. Wie bei
anderen Burgen, so fanden eben auch hier im Laufe der Jahrhunderte, je nach
dem Geschmack und den Bedürfnissen der einzelnen Besitzer, verschiedene Um-
und Zubauten oder Erweiterungen statt.
e) Das Frauenhaus (Kemenate, Gadem)
Die dem Palas gegenüberliegende Schmalseite des Hofes wurde durch die Wand
eines Gebäudes (G1) gebildet, das heute noch ein Erdgeschoß und zwei
Stockwerke erkennen läßt, aber da die einzelnen
Geschoße höher sind als die des Palas, in den noch stehenden zwei
Mauerwänden eine Höhe von fast 9 m aufweist.
Möglicherweise war dieses Gebäude nach Osten hin sogar dreistöckig, oder
aber es besaß an dieser Stelle ein Giebelzimmer unter dem Dach, worauf die
Reste eines Bogenfensters nahe dem obersten Rand dieser Wand schließen
lassen. Die Grundrissgestaltung des Gebäudes ist trapezförmig. Die Hofmauer
und die gegen die Kapellen- bzw. Küchenseite gerichtete fehlen gänzlich. Die
mittlere Tiefe der Räumlichkeiten in diesem Gebäude, dessen Wände sich nach
oben hin in ihrer Stärke verjüngen, betrug über 9 m, ihre mittlere Breite 6
m.
Das Erdgeschoß diente vermutlich als Vorrats- oder Gerätekammer. Die 540 cm
lange Wandseite w2 zeigt eine kellerlochartige Öffnung. Das erste Stockwerk
besitzt an der Nordseite keine Fensteröffnung, dürfte dagegen aber an der
nun fehlenden Hofseite w3 eine solche gehabt haben. An der mit der Kapelle
gleichlaufenden Wand war gewiss eine Türe vorhanden, welche auf den schmalen
Gang führte, der mit der Kapelle, der Küche und weiterhin mit dem Raum R die
Verbindung vermittelte.
Die im Erdgeschoß fast 140 cm starke Mauer w2 zeigt im ersten Stock eine 110
cm tiefe, 200 cm breite und 200 bzw. 220 cm hohe, flach abgedeckte
Mauernische, aus der einst eine 55 cm breite und 100 cm hohe Fensteröffnung
(h) nach außen führte. Die Öffnung wurde jedoch später vermauert. Diese
alkovenartige Wandvertiefung (Fensternische), welche beiderseits an den
Schmalseiten gemauerte Sitzbänke besitzt, war einst ringsum innen mit einer
Holzverkleidung versehen, worauf die noch sichtbaren, in gewissen Abständen
in die Mauer versetzten Befestigungshölzer, an welche die Holzverschalung
angenagelt werden konnte, hinweisen. Es liegt nahe, dieses Geschoß, wenn
nicht überhaupt als gewöhnlich benutzten Versammlungsraum, so doch als
Speisezimmer zu betrachten, da es die nächste Verbindung mit der Küche (Kü)
besaß.
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Abb. 13: Blick vom Hof zur Kemenate, die ungefähr hinter dem zweiten
Baum links begann (Mauerabbruch erkennbar) und dessen Rückwand geradeaus
zu sehen ist. Rechts im Bild schließt sich die Küche an.
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Das zweite Stockwerk, mit den zwei nach Norden gerichteten größeren
Fenstern, die aber bei weitem nicht so hoch, breit und tief (mit
Sitz-Nischen ausgestattet) sind wie diejenigen des ,,Rittersaales“ im Palas,
diente zweifellos als Wohngemach. Wahrscheinlich ging von diesem Gemach in
Form eines erkerartigen Vorraumes ein Fenster in die Kapelle hinaus, das
,,Oratorium“ ersetzend.
Wie vorher erwähnt wurde, wäre das Gebäude G1 als ,,Frauenhaus“ zu
betrachten. Wollte man aber an der Annahme festhalten, daß
das zweite Stockwerk in G ausschließlich als ,,Rittersaal“ gedient habe, so
müßte man wohl G1 als das Wohngebäude des
Burgherrn betrachten und die Kemenate nach G2 verlegen. Doch scheint dies
sehr unwahrscheinlich. Schon die Nähe der Küche weist darauf hin, daß
wir in G1 eher das Frauenhaus (Kemenate), den gewöhnlichen Aufenthaltsraum
der Burgherrin, vermuten dürfen.
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Abb. 14: Rückwand der Kemenate,
vom Hof aus gesehen.
Zugemauertes Rundbogenfenster
mit darunterliegendem Schüttbodenfenster
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Abb. 15: Rückwand der Kemenate, von außen
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Auch die Ausstattung der von der Burgfrau bewohnten Räumlichkeiten war
weit einfacher, als man es sich vielleicht vorstellt. Ein Betschemel, ein
Heiligenbild, in vornehmeren Burgen auch ein kleines tragbares
Flügelaltärchen, eine mehr oder minder verzierte Wiege, ein Spinnrad
bezeichneten entweder den Platz im gemeinschaftlichen Wohnzimmer, den die
Frau zugewiesen erhielt, oder aber, falls sie ein eigenes Gemach in einem
besonderen Gebäudeteil bewohnte (wie hier angenommen werden kann),
vervollständigte dies die Einrichtung des Frauen-Zimmers, das sonst noch
einen mächtigen aus Ziegeln oder Ton errichteten Ofen (Kamin), einige Truhen
für Kleider und Wäsche oder ein doppelspänniges Bett enthielt.
Auf die Gefahr hin, gewisse, für Rittersfräulein mit zarten, weißen Händen
schwärmende Leser zu enttäuschen, sei an dieser Stelle bemerkt, daß
das Leben in den Burgen untergeordneten Ranges kein derart üppiges war, wie
man auf gewisse romanhafte Erzählungen hin glauben könnte. Das
Jahreseinkommen vieler solcher Burgenbesitzer war nicht allzu hoch. In Folge
dessen war das Gesinde, besonders das weibliche, das zur Verteidigung im
Ernstfall, besonders aber bei kriegerischen (wohl auch räuberischen)
Unternehmungen des Ritters, wenn er sich zur Vermehrung seiner Einnahmen auf
die ,, Sattelnahrung" verlegte, weniger geeignet schien, nicht gar so
bedeutend und daher mußte auch die Burgfrau und die ,,zarten Rittersfräulein" wacker in der Hauswirtschaft mit Hand anlegen.
Das Rittersfräulein hatte somit wenig Zeit, Gedichte zu lesen und feine,
kunstvolle Stickarbeiten zu erzeugen, da Kochen, Kühe melken, Spinnen,
Scheuern, Weben, Pflegen der Gemüseanlagen (im Burggraben oder in der Nähe
der Burg), Instandhaltung der Wäsche und Kleidung usw. ihre Zeit vollauf in
Anspruch nahm. Die Töchter der Burgbesitzer im Range der Eibensteiner
dürften daher weniger jene „sammetweichen, lilienweißen, zarten Hände“
besessen haben, sondern vielmehr jene kräftigen, luftgebräunten,
arbeitsgewohnten, die dem künftigen Gemahl Bürgschaft ablegten, daß er
keine verweichlichte Zierpuppe, sondern eine gesunde, emsige,
wirtschaftliche Hausfrau zu gewärtigen habe. ,,Poetischer“ waren wohl
derartige Verhältnisse in den Burgen des reichen und hohen Adels.
f) Die Kapelle und die Küche
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Abb. 16: Halbkreisförmige Apsis der Kapelle. Die Kapelle ist fast
völlig mit Schutt und Erde aufgefüllt.
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Nach der Beschreibung der beiden Baulichkeiten G und G1, welche ihrer Größe
nach zuerst in Betracht kornmen, sei nun der Kapelle und der Küche Erwähnung
getan. Beide Räumlichkeiten liegen einander nahe, bloß durch einen 3 m
weiten Zwischenraum (L) getrennt.
Die Kapelle (Ka), entsprechend der ,,Größe“ der Burg, ist klein. Sie besaß
eine halbrunde, 2,8 m weite und 1,7 m tiefe, halbkreisförmige Apsis, sowie
ein einfaches Schiff von etwas mehr als 6 ½ m innerer Länge und 4 m Breite.
Die Mauerstärke beträgt 1 m. Eine 100 cm weite Tür führte aus
dem Vorraum L, der sich zwischen der Kapelle und dem Küchengebäude befindet,
in das Gotteshaus. In der Apsis ist eine Fensteröffnung angebracht, von 60
cm mittlerer Weite und 115 cm Höhe. 80 cm von der rechten Kante, auch etwas
unterhalb, zeigt sich eine 50 cm weite, 35 cm hohe und 40 cm tiefe
Mauernische n, vermutlich für die Aufbewahrung gottesdienstlicher
Gegenstände bestimmt.
Diese Mauerblenden, die andernorts mehr oder weniger verziert als
Sakramentshäuschen bekannt sind, lassen auch den Schluß
zu, daß solche Kapellen mit dem Recht des
Messelesens ausgestattet waren, was sonst nicht bei jeder Burgkapelle der
Fall war, da sich nicht jeder Burgbesitzer einen eigenen Geistlichen halten
konnte, obgleich letzterer, wenn er vorhanden, auch zu anderen
Dienstleistungen herangezogen wurde. Als sogenannter Burgkaplan hatte er
nebstbei auch notdürftigen Unterricht im Lesen und Schreiben zu erteilen, ja
mußte sogar als Arzt und Krankenpfleger tätig
sein. Mit dem Lesen und Schreiben hatte es in damaliger Zeit überhaupt so
einiges auf sich; dem gemeinen Volk fehlte diese Kenntnis fast gänzlich und
die Herren Ritter waren zumeist dieser Kunst gerade nur so weit mächtig,
daß sie ihren Namen, häufig recht unleserlich, unter irgendeine Urkunde
malen konnten. So hatte der Burgkaplan also auch die Aufgabe, Schriftstücke
zu verfassen und vorzulesen.
Was die Ausstattung der Kapelle anbelangt, so war dieselbe auf Eibenstein
wohl auch recht einfach; ein Kruzifix oder ein geschnitztes Heiligenbild in
der Apsis, davor ein kleiner hölzerner Altartisch; im Schiff rechts einige
einfach gezimmerte Betstühle. Nachdem von den Seitenwänden keine mehr in
ihrer ursprünglichen Höhe erhalten ist, ist auch
von einem allfälligen Deckengewölbe nichts zu bemerken. Die Längsachse der
Kapelle stimmt nicht ganz genau mit der Richtung Ost-West überein. Die
Abweichung von einer sonst üblichen Gepflogenheit dürfte durch die hierfür
nicht ganz geeignete Lage der Baufläche zu erklären sein.
Die Küche (Kü), zum Teil aus dem Felsen gebrochen, ist ein freistehendes
Gebäude von 6 m Länge und etwa 6 m Höhe. Der Innenraum ist viereckig, 4,10 m
breit und im Mittel 3,6 m tief. Nach oben hin verengt sich der Küchenraum
zum Rauchschlot (in der Zeichnung durch ein doppellinieges
Viereck angedeutet), dessen oberer Aufsatz, der eigentliche Rauchfang,
abgestürzt ist. Auch von der Herdstelle ist keine Spur mehr vorhanden. In
der nach dem Hof gerichteten Wandseite des Küchenraumes befindet sich eine
185 cm hohe und 80 cm weite Türöffnung,
seitwärts davon eine 70 cm weite, ebenso hohe Fensteröffnung. In 3 m Höhe
ein quadratisches Dunstloch mit 60 cm Seitenlänge. In der Wandseite links
vom Eingang zeigt sich eine 70 cm weite Maueröffnung, durch welche
vermutlich das im Raum L aufbewahrte Brennholz herbeigeschafft wurde.
Mit Ausnahme des Küchenschlotes bemerkt man sonst nirgends an den Wänden der
einzelnen Geschoßmauern die Spuren, wo einst die mächtigen Kachelöfen oder
Kamine gestanden haben - und es muß angenommen
werden, daß die Bestandteile dieser einst gewiss
vorhandenen Einrichtungsgegenstände bald nach ihrer gewaltsamen Zerstörung
durch die damaligen Dorfbewohner abgetragen und weggeschleppt wurden. Daß
nicht alles, was heute z. B. an Holzwerk im Gemäuer und steinernen Tür- und
Fensterverkleidungsstücken fehlt, seinerzeit der Zerstörungswut des Feindes
zum Opfer fiel, oder auf Rechnung der Witterungseinflüsse zu setzen ist,
beweist die Tatsache, daß die eichenen Tragbalken
über den Tür- und Fensteröffnungen zumeist nur an den noch heute mit Leitern
erreichbaren Stellen fehlen, während sie in den höheren Geschoßen, wo sie
doch mehr dem Wind und Regen ausgesetzt sind, noch vorhanden sind. Diese
Beobachtung kann man wohl auch bei anderen verödeten Burgen machen.
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Abb. 17: Küche mit Pyramidenschlot,
vom Hof aus gesehen.
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Abb. 18: Schlot von innen
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Abb. 19: Kücheninneres.
In der Ecke sind die Rußspuren noch gut zu sehen.
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Kapelle wie Küche erheben
sich auf der die Hoffläche um 2 - 3 m überragenden felsigen Plattform
(IV). Diese Plattform, welche zugleich auch die Verbindung zwischen dem
Hofraum H1 und H2 durch die Türe g1 herstellte, bildete gleichzeitig
einen verschieden breiten Gang, der gegen den Hofraum H1 zu durch eine
niedrige gemauerte Brustwehr, auf die noch die
Trümmer
13, 14 und 15 hinweisen, abgegrenzt war und bei
15 an das Mauerwerk des Gebäudes G1
anschloß. Höchstwahrscheinlich
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Abb. 20: Schlot von oben,
vom Felssporn aus gesehen
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war dieser vorne
halboffene, rückwärts durch eine mehr als 4 m hohe, fast senkrechte Felswand
und die Küchenmauer geschlossene Gang mit einem auf hölzernen Säulen
ruhenden Dach überdeckt, sodaß der Verkehr
zwischen den Gemächern des Palas und der Kemenate, sowie zur Kapelle und der
Küche trockenen Fußes erfolgen konnte.
Zu bemerken wäre noch, daß
jener einspringende Winkel im Felsboden L1 , der bis nahe an den Fuß der
Küchenmauer heranreicht, durch ein Gewölbe überbrückt war, sodaß
der Verbindungsgang ungehindert an über diese Stelle hinwegführte.
Vermutlich befand sich an dieser Stelle in der Sohle des Ganges eine
verschließbare kleine Öffnung, die durch das Gewölbe hindurch ging und durch
welche die Küchenabfälle und die Herdasche hinabgeworfen wurden. daß sich in
oder vor den Küchen solche Aschenlöcher befanden, ist Erfahrungssache.
In der Küche konnte hier diese Vorrichtung nicht angebracht werden, da sie
auf felsigem Grunde erbaut ist. Bisweilen wurden solche Aschengewölbe als
Verließe, die Aschenlöcher in den Küchen als die Öffnungen, durch welche die
,,zum Hungertode verurteilten Gefangenen“ hinabgelassen wurden, erklärt.
Zumeist waren es jedoch nur diese Aschengewölbe. Die Aschengruben wurden
selbstverständlich zeitweilig geräumt.
Nachdem hier schon von der Küche die Rede ist, soll auch der Küchenzettel
(an Festtagen)
nicht unerwähnt bleiben. Nebst Wildbret, das die mehr oder minder ergiebige
Jagd und der
Fischfang in der Thaya lieferte, bestand wohl die Nahrung der Burgbewohner
zum großen
Teil aus Pflanzenkost. Denn der Fleischvorrat dürfte bald aufgezehrt gewesen
sein, und dann bildeten eben Bohnen, Linsen und Erbsen die Hauptnahrung.
Mehlspeisen und Brot aus Roggen, für das Gesinde aus Hafermehl. Gebäck aus
Weizenmehl war damals noch Festgebäck. Rechnet man dazu ausnahmsweise noch
Eier, Milch und Butter, so läßt sich ohne
besondere Mühe der Küchenzettel in den Burgen unteren Ranges
zusammenstellen. Der an stets vollen Tafeln, die unter der Last der
seltensten Gerichte ächzen, prassende und stets aus vollen Bechern den
köstlichsten Wein schlürfende Ritter lebte zumeist nur in der
Einbildungskraft der Romanschriftsteller. Gar mancher der letzteren würde
den Mund verziehen, müßte er einen Humpen jenes
sauren Weins leeren, der die wenigen Fässer in den Kellern der Waldviertler
Burgenbesitzer vom Range der Eibensteiner füllte.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen sah der Küchenzettel so aus:
Viele Menschen wurden zwar satt, aber meist auf
erbärmliche Weise. Meistens fehlte es an frischem Fleisch, frischem Brot und
auch Gemüse. Das Brot war meist hart, es wurde eben erst dann gebacken, wenn
der frühere stets große Vorrat zu Ende ging. Gesalzene und geräucherte
Fische und Rindfleisch, letzteres so hart, daß man es zerschlagen mußte,
sehr oft schon übelriechend, dazu halbgesottene, bloß aufgequollene
Hülsenfrüchte. Außer mit Reihern, Kranichen, Störchen und Schwänen
beschäftigte sich die Kochkunst des 12. und 13. Jahrhunderts auch mit der
Zubereitung von Raben und Geiern, letztere fing man in Zeiten der Not sogar
beim Hochgericht, das sich bekanntlich sehr oft in der Nähe der Burg befand.
Der Geschichtsschreiber Aeneas Sylvius (der spätere Papst Pius II) erzählt
von der damaligen kaiserlichen Hofhaltung (im 15. Jahrhundert) zu Wien und
anderwärts, daß die Hofbediensteten nur
verdorbenen und sauren Wein und ebensolches Bier erhielten. Sie mußten
bei ihren Tafeln alle aus ein und demselben hölzernen Becher trinken,
welcher dazu noch höchst unsauber war. Die Speisen bestanden in zähem und
schon halb faulem Fleisch von alten Kühen, Ziegen und Schweinen, dann in
einem Obst, das den grunzenden Vierbeinern ebenso schön vorgelegt wurde. Die
Speisen waren in stinkendem Öl und Fett gekocht, sodaß
ihr bloßer Geruch zum Erbrechen reizte. Das Brot war so hart, daß man es
kaum kauen konnte. Die Tischtücher so unrein, außerdem so zerrissen und
mürbe, daß Teile davon an den Fingern kleben blieben und die Gäste sich die
Finger an ihren Kleidern abwischen mußten. - Auf
diese Art wurde Aeneas Sylvius eine Zeitlang bewirtet. ,,Die Speisen der
gemeinen Leute warn noch ungesünder und ekelhafter."
Zur Zeit des Aeneas Sylvius gab es wenigstens schon Teller und Gabeln, aber
im 13. Jahrhundert behalf man sich noch ohne dies Gerätschaften; statt der
Gabel dienten die Finger, statt des Tellers diente eine Schnitte Brot. Man
langte nach den ,,Brocken" in der gemeinsamen Schüssel mit den Fingern und
aß Flüssiges aus der gemeinsamen Schüssel mit einem Löffel. Messer hatte
jeder Esser bei sich. Gewöhnlich kochte man am Sonntag für die ganze Woche
und wärmte die Speisen nur immer auf. Die Küche wurde also nicht allzu sehr
in Anspruch genommen und der verhältnismäßig beschränkte Raum derselben auf
Eibenstein wird also nicht wundern.
Bevor wir uns durch die 90 cm breite und unbestimmbar hohe Pforte g1
(zwischen dem Frauenhaus und der Kapelle) in den Hof H2 begeben, sei noch
kurz Umschau im inneren Burghof H1 gehalten. Dieser Hof stellt, wenn man
sich das ungefähr 2 m hohe Umfassungsmauerwerk des Raumes K wegdenkt, ein
unregelmäßiges Viereck dar, das im Mittel 8 m breit und ungefähr 18 m lang
ist. Gegenwärtig erscheint der Hof länger, da die gegen den Hof zu
abschließende Vordermauer (w3) des Gebäudes G1 fehlt und dessen 9 - 10 m
hohe Außenmauer den ostwärtigen Abschluß bildet. Die Westseite des Hofes
wird durch die 7 - 8 m hohe Palasmauer, die Südseite durch die 2 m hohe
ziemlich senkrecht abgearbeitete Felsterrasse, auf der sich die 4 - 5 m hohe
Felswand erhebt, welche den Wartturm trägt, sowie die Küche und Kapelle
befinden, gebildet. Die nordwärts gerichtete Seite des Hofes wird durch eine
verschieden hohe Mauer begrenzt. Der Teil v1v2 , welcher das 3 m hohe Tor
enthält, ist ungefähr 8 m hoch und schließt sich an die noch um 190 - 200 cm
höhere Außenmauer des Gebäudes G1 an. Bei v1 setzt
sich die Mauer auf 4 ½ m Höhe ab und schließt, ziemlich gleich hoch
bleibend, bei u an die Palasmauer an. Wie die Spuren zeigen, zog sich aber
die Mauer von u bis v2 in gleicher Höhe (ungefähr 7 ½ m hoch) hin. Wie man
sieht, war der Hofraum allseits von hohem Gemäuer umgeben, auch an der
Nordseite, hier vermutlich deshalb, daß er von der
überhöhenden Südlehne des unterhalb ziehenden Bachgrabens nicht leicht
eingesehen werden konnte.
g) Der zweite Burghof
Und nun in den zweiten Burghof H2. Dieser ist mit Ausnahme des Gebäudes G2 ,
dessen noch vorhandene Wandstücke nach Norden und Osten ungefähr 5 m
emporragen, fast von einem einzigen Trümmer- und Schutthaufen erfüllt. Es
scheint, daß der zerstörende Feind in diesen Teil der Burg zuerst eindrang,
wie auch einige Anzeichen darauf hinweisen, daß die Verteidiger der Burg
diesen Teil zuerst preisgaben.
Was nun G2 anbelangt, so zeigt die zum großen Teil fehlende westliche
Außenmauer (z z1) im Erdgeschoß ein ziemlich weites Eingangstor (E3), wie
man aus den Resten der Torwölbung
(bei 8) schließen kann. Im ersten Stockwerk befand sich oberhalb E3 eine
Fensteröffnung, ferner zeigt sich in der Ecke bei D eine alkovenartige
Fensternische, die im Innern 2,80 m weit, nach außen nur 1,80 m misst. Den
Spuren nach zu urteilen, besaß diese Wandseite im ersten Stock noch ein
zweites Fenster F1 , jedoch kleiner als F. Im Erdgeschoß ist in dieser Mauer
noch eine schlitzartige Fensteröffnung 5 vorhanden, die innen 70 cm hoch, 80
cm weit und sich nach außen auf 45 cm Höhe und 45 cm Weite verengt. An der
Ostseite zeigt sich in der Außenwand, an welcher der äußere Burggraben
vorbeiläuft, eine außen 90 cm weite Fensteröffnung. Die Stärke der Wand an
der Grabenseite beträgt fast 130 cm; dagegen bezeugt die verhältnismäßig
schwache (100 cm) Gebäudemauer D z1 , daß selbe
nicht unmittelbar zugleich den Abschluß der Burg
nach außen abgab, sondern daß dieser Teil der
Feste einst durch eine weitere vorgelagerte Befestigungsmauer gesichert war,
wofür auch das in einiger Entfernung vorhandene Mauerstück N1 spricht. Der
Grundriß des Gebäudes G2 stellt im Innern ein
ziemlich regelmäßiges Rechteck dar, von 9 ¾ m Länge und 6 m Breite. Der
Stärke der Mauern nach zu urteilen, dürfte das Gebäude nur einstöckig
gewesen sein. Das alkovenartige Fenster im ersten Stock kennzeichnet diesen
Raum als Wohnraum. Vermutlich war dieses Gebäude zur Beherbergung von Gästen
bestimmt, oder aber es diente nahen Anverwandten des Burgherrn zum
Aufenthalt.
An die Außenmauer (zugleich innere Grabenmauer)
des Gebäudes G2 schließt sich im stumpfen Winkel die fast 2 m starke Mauer S
M an, den Abschluß der ,,Vorburg“ nach Osten
bildend. Im Innern sich nur unbedeutend über den Schutt erhebend, zeigt
diese Mauer vom Graben aus betrachtet noch gegen 4 m Höhe. Sie steht auf
einem fast 3 m über die derzeitige Grabensohle ragenden, fast senkrecht
abstürzenden Felsen und besitzt jene erwähnte Maueröffnung E2, welche an der
Innenfläche der Hauptmauer gemessen, 2 m von der bloß 65 cm starken Mauer S
z des Gebäudes G2 entfernt angebracht erscheint. Sowohl die Wölbung als auch
die Seiten dieser Öffnung sind stark zerstört.
In der Mauerecke bei M zeigen sich zwei je 2 m starke Mauerklötze V1 und V2,
welche einem turmähnlichen Befestigungswerk angehört haben dürften. Ob die
vierte Abschlußseite dieses ,,Turmes" vorhanden
war, ist fraglich, denn häufig ließ man diese Innenseiten solcher
Befestigungswerke offen, wie dies bei den zur Grabenverteidigung üblichen,
turmähnlichen Vorbauten der Fall war, die dann den Namen ,,Wichinser“
führten. Das Mauerstück V1 zeigt bei b eine tiefe Bresche. Jedenfalls ist es
bemerkenswert, daß die Mauer V1 unmittelbar an das hier vermutlich ehemals
vorhandene Außenmauerstück V glatt anschloß, ein
Anhaltspunkt, daß der Turm T1 , bzw. diese Mauer
später errichtet wurde, ja vielleicht noch während einer Belagerung, nachdem
das Mauerwerk bei M abgestürzt war. (Anm.; hier irrt
Kießling, der Turm T1 ist auf einer Zeichnung von 1862 noch zu sehen und ist
erst im März 1867 eingestürzt.) Auch der stumpfe Anschluß
(ohne Schmatzen) der 2 m dicken Mauer bei S1 an die bloß 130 cm starke Mauer
des Gebäudes G2 läßt darauf schließen, daß
dieser Teil der Burg erst im Lauf der Zeit, also nicht ursprünglich zugleich
mit dem westlichen Teil, angelegt worden sein dürfte.
Die Schicksale der Burg dürften wiederholt ernste, ja verhängnisvolle
gewesen sein. Die Verstärkung des schadhaft gewordenen Mauereckes bei M,
ferner die eigentümliche Verstärkung der abgerundeten Ecke bei J (siehe
Zubau K im inneren Burghof H1) lassen darauf schließen, daß diese
Verstärkungen in aller Eile geschahen. Insbesonders bei J zeigt sich, daß
man die 2 m hohe und 1 m dicke Mauer M3 , welche in ihrer ganzen noch
vorhandenen Länge mit ihrer Fläche 11, 12 glatt an die Außenmauer
anschließt, zu dem Zweck errichtet hat, um der, etwa durch die Katze (eine
Art Mauerbrecher, eine Zerstörungsvorrichtung der Belagerer) hervorgerufene
Bresche (bei B1), die heute noch als eine keilförmige, 130 cm tiefe, im
Mittel 100 cm hohe und mehrere Meter lange Unterhöhlung der Außenmauer zu
erkennen ist. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß diese Beschädigung eine
mutwillige, aus jüngerer Zeit stammende ist. Bei der letzten Belagerung der
Burg, die vermutlich mit ihrer Zerstörung endete, dürfte der Verteidiger
zuerst den östlichen Teil der Feste preisgegeben und sich auf den Palas, den
festeren Teil der Burg, zurückgezogen haben. In Voraussicht eines solchen
Schrittes ließ er dann die Maueröffnung bei h (in G1) vermauern, denn diese
Vermauerung zeigt, daß sie in ziemlicher Eile geschah.
Derartige, im Verlaufe einer Belagerung erfolgte Zumauerungen waren nichts
Ungewöhnliches. Wie man heißes Pech, siedendes Öl oder Wasser, geschmolzenes
Blei und ungelöschten Kalk bereithielt, um es den Angreifern von den
Maschikulis, Pechnasen, Zinnen und Fenstern der Burg auf die Köpfe und
Leiber zu gießen, so waren auch Mauersteine, Kalk und Sand stets zur Hand,
um Beschädigungen des Mauerwerks sofort ausbessern zu können.
Bemerkenswert in diesem hier in Betracht gezogenen Teil der Burg ist noch
das Mauerstück R1, welches sich fast unter einem rechten Winkel an die
äußere Fläche der Wandseite w2 des Gebäudes G1 anschließt. Dieses Mauerstück
ragt von der Kapellenseite aus betrachtet, 5 - 6 m hoch empor und ist 120 cm
stark. Wir haben es hier mit den Resten einer wichtigeren Mauer zu tun, die,
wie die Richtung vermuten lässt, an die Mauer D z1 des Gebäudes G2 anschloß,
bzw. mit der in einer Flucht lag. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, daß
man diese Mauer als die Hauptmauer eines Gebäudes betrachten dürfte, das
sich etwa in den Hofraum H2 hinein erstreckt haben könnte, da sonst ein Teil
der Kapelle (die Apsis) innerhalb dieses Gebäudes gelegen sein würde und
auch die weite Türöffnung E2 in das Gebäude G2, die einen vorliegenden
Hofraum voraussetzt, damit schwer vereinbar wäre.
Die durch Punkte angedeutete Linie R3 ist die fragliche Spur einer Mauer,
die mit der Außenmauer M1 ein niedrigeres Gebäude begrenzt hatte, das zu
Wirtschaftszwecken (Kuhstall o. ä.) gedient haben könnte. Demnach ließe sich
dann auch die Maueröffnung E2 als jene Türe auffassen, durch welche man die
Tiere auf die Weide trieb. Aber auch gegen Z1 zu lassen sich keine Spuren
finden, die zu der in Frage gestellten Mauer R1 die Außenmauer einer
Baulichkeit abgeben könnten, sodaß man sehr wohl annehmen kann, das
Mauerstück R1 ist der Rest einer einfachen äußeren Begrenzungsmauer des
Hofraumes H2. Vermutlich hatte sie auch eine Türe, durch welche man in den
Zwinger Z1 gelangen konnte.
Ein Beweis, daß man es tatsächlich mit keiner Gebäude-, sondern mit einer
freistehenden, also Begrenzungsmauer des Hofes H2 zu tun hat, ist der, daß
sich 2 m von der Ecke bei U, in einer Höhe von ungefähr 1 m, in der Mauer R1
eine quadratische Wasserrinne von 20 - 25 cm Seitenlänge befindet, mit
ausladendem Überfallsrandstein, welche das im höher gelegenen Hofraum vor
der Mauer sich ansammelnde Regenwasser durch die Mauer hindurch in den
tiefer gelegenen Zwinger leitete, von wo es dann vermutlich durch eine
ähnliche rinnenartige Öffnung im Zwingermauerwerk nach außen abfließen
konnte. Die Mauer eines Gebäudes würde eine derartige Wasserrinne gewiß
nicht zeigen.
Das Mauerstück P ist ein nach allen Seiten eben abgemauerter Klotz von 125
cm Höhe, 125 cm Breite und 100 cm Tiefe, der keineswegs jemals höher oder
länger war, sondern nur zur Verstärkung des Fußes der Mauerecke des Gebäudes
G1 diente. Die Mauerspuren R2, die an R1 fast rechtwinkelig anschließen,
sind aller Wahrscheinlichkeit nach die Reste eines Auflagers, das
rechtsseitige Wangenstück jener steinernen Treppe, die aus dem tiefer
gelegenen Zwingerhof Z1 in den höhergelegenen Burghof H2 (durch die
angedeutete Türe in der Mauer R1) führte. daß sich in der Ecke vor U keine
höhere Baulichkeit befand, wovon R2 allenfalls als Mauerrest betrachtet
werden könnte, geht daraus hervor, daß die Wand w2 des Gebäudes G1 an jener
Seite im ersten Stock jenes Fenster h besitzt, das sicherlich nicht in einen
etwa angebauten Nebenwohnraum führte. Dagegen spricht schon die große, für
einen Ausschau ins Freie berechnete Fensternische mit gemauerten Sitzbänken.
h) Der Bergfried
Nun kommen wir zum wichtigsten Bestandteil jeder mittelalterlichen
Burg, zum Wartturm, oder wie seine ältere Bezeichnung lautete, zum
Bergfried. Der Name Bergfried hängt mit bergen in der Bedeutung von schützen
zusammen. Es war der letzte Zufluchtsort, in den sich die Belagerten
zurückzogen. Bei den Burgen des 9. und 10. Jahrhunderts in der Mitte
derselben erbaut, wurde er bei späteren Bauten mehr an die Außenseite
gestellt; doch hing seine Anlage sehr häufig auch von der örtlichen
Beschaffenheit des Bauplatzes ab. Im vorliegenden Fall konnte wohl keine
günstigere Stelle gefunden werden als die Anlage
auf dem die nächste Umgebung beherrschenden, leicht unzugänglich zu
machenden Fels, dem ,,Eibenstein“. Der Bergfried bildete stets den
festesten, sichersten Teil einer Burg und dementsprechend war auch die
Stärke seiner Mauern. Die dicken Mauern in den mittelalterlichen Burgen sind
so hergestellt, daß man erst eine äußere und innere Quaderwand errichtete,
dann den Zwischenraum mit möglichst gutem Kalkmörtel, vermengt mit
Feldsteinen, ausfüllte.
Schon in den ältesten Zeiten, als die Baulichkeiten der Burg noch aus
hölzernen Blockhäusern bestanden, stellte man den Bergfried aus Stein her.
Für gewöhnlich gab man diesen Türmen eine runde oder vierseitige
Querschnittsform. Dreieckige und fünfeckige waren äußerst selten. Auch der
Eibensteiner Bergfried (T) zeigt in seiner inneren Mauergestaltung eine
viereckige, wenn auch unregelmäßige Querschnittsform; nach außen sind jedoch
nur drei Seiten verhältnismäßig gerade, die vierte, gegen den inneren
Burghof gerichtete, zeigt eine absonderliche Ausbauchung, die sich gegen
Westen nasenförmig absetzt. Diese Ausbauchung, durch welche wohl die
Eingangstüre in den Turm vor seitlicher Bestreichung geschützt erscheint,
dürfte zunächst durch die Gestaltung des felsigen Untergrundes des Turmes
bedingt gewesen sein.
Wie bei allen Bergfrieden befindet sich auch hier der Eingang in einer
beträchtlichen Höhe (in unserem Fall 6 m) über der Grundfläche jenes Raumes
(R), von dem aus dieser einzige Zugang erreichbar ist. Unter gewöhnlichen
Verhältnissen führte wohl eine hölzerne Leiter zu ihm empor; noch sind die
beiden Mauerlöcher zu bemerken, aus welchen die Tragbalken hervorragten, auf
die sich diese Leiter stützte. In kriegerischen Zeiten wurde die hölzerne
Leiter beseitigt und durch ein Aufzugsseil oder eine Strickleiter ersetzt,
die, wenn die Belagerten sich in den Turm zurückgezogen hatten, leicht
aufgezogen werden konnte. Der Turm selbst barg in seinen einzelnen Geschoßen
Räumlichkeiten verschiedenen Zweckes. Im Notfall mußte
er eben die ganze Burg ersetzen. (Anm.; Daher stammt auch
der Ausdruck, jemand ist getürmt.)
Zuunterst die Rüst- und Vorratskammer, dann nach oben hin Aufenthaltsräume
der Verteidiger (zugleich auch Küche) und zuoberst, zumeist unter dem Dach,
die Stube des Wächters. Von hier aus war der Ausblick weithin ins Land
möglich; sowohl friedliche Besucher als auch der Anmarsch von Feinden konnte
von hier aus beobachtet und mittels Homrufen durch den Wächter gemeldet
werden. Vom obersten Stockwerk des Eibensteiner Wartturmes dürfte man nicht
nur die nächste Umgebung Drosendorf, Zissersdorf etc. überblickt, sondern
auch etwa noch Kirchjapons, Fratting usw. gesehen - und das blinkende
Rüstzeug heranziehender Gewappneter auf einen ziemlichen Umkreis rechtzeitig
bemerkt haben. Auch die Lage des Turmes auf einem fast senkrecht zur Thaya
abstürzenden Felsen ermöglichte es, daß die Belagerten, falls sie für einen
genügenden Vorrat an festen Lebensmitteln gesorgt hatten, durch geeignete
Aufzugsvorrichtungen in die Möglichkeit versetzt waren, Trinkwasser aus dem
Fluß zu schöpfen. Wie die übrige Burg, so stellt
auch der einst kühn anstrebende Wartturm heute weniger ein Bild
der Zerstörung, vielmehr des Verfalles dar.
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Abb. 21: Eingang in den Bergfried, vom Treppenhaus gesehen
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Abb. 22: Rest der Westwand des Bergfrieds
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Abb. 23: Ostseite des Bergfrieds, vom Felssporn aus,
mit zugemauerter Tür
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Abb. 24: Nordwand. Fenster mit breiter Nische im mittleren Stockwerk
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Die südliche, gegen das Dorf gerichtete Umfassungsmauer fehlt gänzlich, sie
ist in die Tiefe gestürzt, von der westlichen Seite fehlt der Fläche nach
mehr als die Hälfte des Mauerwerks.
Die dem Burghof zugewandte Seite S1 weist in der Mitte (Schnitt durch die
Mauernische U1) im ersten Stockwerk die höchst ansehnliche Stärke von 240 cm
auf. Diese Stärke nimmt aber im Anschluß an die
Wandseite S2 bis auf 120 cm ab, da sich die Außenfläche der Mauer (S1) stark
einwärts zieht, dadurch die abgerundete Mauerfläche hervorruft, während die
Innenfläche fast geradlinig bleibt. Am Mauerfuß (Erdgeschoß des Turmes)
gemessen, der bedeutend vorspringt, dürfte jedoch die Stärke der Wand S1 an
der ostseitigen Ecke noch immer fast 1,5 m betragen. Der Mauerfuß des Turmes
ist durch die äußere Doppellinie an dieser Stelle in der Zeichnung
angedeutet. Die übrigen Mauern sind im ersten und zweiten Geschoß gleich
stark, im dritten Geschoß ringsum jedoch schwächer. Bedeutend schwächer als
die Nordseite (S1) des Turmes sind die übrigen drei Seitenwände. Es ist dies
auch erklärlich, da von diesen Seiten eine Beschießung von
gegenüberliegenden Höhen, das Anlegen von Sturmleitern und dgl. nicht so
leicht möglich erschien. So besitzt nun die Mauer S2 an der Ostseite nur
mehr die Stärke von 70 cm. Sie ist wie S1 ziemlich gut erhalten, innen 660
cm, außen 5 m hoch. Die dritte Seite S3 zeigt in ihren Ansätzen an S2 eine
Stärke von 115 cm. Diese, den Turm gegen die Flußseite nach Süden zu
abschließende Mauer, fehlt heute gänzlich. Im Frühjahr 1867 soll sie unter
donnerähnlichem Gepolter in die Thaya gestürzt sein. (Anm.;
nicht diese Mauer, sondern der Turm T1 muß damals in die Thaya gestürzt sein.)
Die Grundfläche der Mauer war, wie der Augenschein zeigt, zuwenig
nach einwärts geneigt abgemeißelt. Die Mauer S4 ist in ihren Resten sehr
baufällig.
Über die Turmmaueröffnungen ist folgendes zu bemerken: Im unteren Geschoß
die Eingangstüre t; in S1 und in S4 eine schmale, 30 cm breite
Fensteröffnung zum Auslugen. Vermutlich befand sich eine ähnliche auch in
der Wand S3. Im mittleren Geschoß die große kammerähnliche Wandnische U1;
diese ist 220 cm weit, 220 cm tief und 200 cm hoch, sie verengt sich nach
außen, wo sich die Fensteröffnung befindet, bis auf 100 cm. Die schmale
Fensteröffnung mit gemeißelter Steingewändung ist 30 cm weit und 100 cm
hoch. - Die Wand S4 zeigt die Spuren eines schmalen Fensters gegen Westen.
Vermutlich besaß auch die Wand S3 eine nach Süden gerichtete Auslugöffnung.
Das oberste Geschoß zeigt an der Nordseite zwei Fensteröffnungen.
Eine ungefähr 50 cm hohe und ebenso weite, schräg durch die nasenartige
äußere Absetzung der Wand S1 sowie eine 30 cm weite und 70 cm hohe,
unmittelbar in den Hof hinab.
Die Wand S2 besaß eine 80 cm weite, 180 - 190 cm hohe, viereckige Türöffnung
t1, die auf den Felsrücken des ,,Eibensteines“ hinausführte. Der untere Rand
der Türe befindet sich noch 150 cm über dem Felsen, zu dem vielleicht eine
Leiter hinabführte. Welchen Zweck dieser Ausgang auf den Felsen, der sich
über der Küche erhebt, gedient haben könnte, ist schwer zu bestimmen. Die
Türe ist jedoch später zugemauert worden. Wenn auch die Erklimmung des
Felsens von P1 her, über eine vermutlich mehrere Meter hohe Mauer für einen
gewappneten Feind ziemlich aussichtslos gewesen sein dürfte, so schien man
dennoch nicht der geringen äußeren, nur 150 cm betragenden Höhe der Türe
über dem Felsen getraut zu haben und mauerte diese, vielleicht erst in
Zeiten der Gefahr, zu; noch ist der hölzerne Türstock zu bemerken. - Die
Westseite S4 zeigt im obersten Geschoß eine 50 cm weite und 55 cm hohe
Fensteröffnung. Eine ähnlich gestaltete dürfte wohl auch die abgestürzte
Mauer S3 besessen haben. Man bemerkt also, daß die Fenster im obersten
Geschoß bedeutend weiter waren als die in den unteren, was durch ihre
größere Sicherheit gegen Einsteigen von außen erklärlich scheint.
Während die Mauerstärke mit Ausnahme von S1 bei
den übrigen im ersten und zweiten Geschoß gleich stark blieb, zeigt mit
Ausnahme der Wand S3, die auf dem im Inneren des Turmes an dieser Stelle
fast ein Geschoß hoch aufragenden Felsen aufsitzt, die Stärke der Mauern S1
und S4 (vermutlich auch S3), im obersten Geschoß, der Wächterwohnung, eine
Abnahme bis auf ungefähr 50 cm. Um nun dem Durchdringen der Kälte in dieser
luftigen Höhe einigermaßen zu begegnen,
waren hier die Innenflächen der Mauern mit Brettern verschalt. Man bemerkt
noch die Abdrücke im Mörtel der Wände. Ob nun das oberste, dritte Stockwerk
mit einem Dach abschloß oder, wie es auch häufig
der Fall war, eine nach unten hin wasserdichte Plattform, ringsum mit Zinnen
und Scharten versehen, besaß, läßt sich nicht
zuverlässig bestimmen, doch ist ersterer Abschluß hier der
wahrscheinlichere.
Um sich eine Vorstellung von der Größe der vom Turm bedeckten Fläche bezogen
auf die inneren Raumverhältnisse zu machen, seien noch folgende Maße
erwähnt: Die Wand S1 an der Innenseite gemessen, weist 720 cm, S2 520 cm, S3
über 600 cm und S4 fast 350 cm auf (letztere vom Eingang gerechnet), die
Räume innerhalb des Turmes waren also verhältnismäßig größer, als man sie
von unten betrachtet schätzen würde. Die Höhe der Geschoße betrug zuoberst
über 360 cm, im Mittelraum 300, zuunterst, wo der Raum zum Teil durch
emporragenden felsigen Untergrund des Turmes ausgefüllt erscheint, ungefähr
200 cm. Die lichte Höhe des Turmes betrug also
fast 9 m, bis zur Dachspitze vielleicht 11 - 12 m.
Die einzelnen Geschoße standen wohl auch hier nur durch im Innern
angebrachte Leitern miteinander in Verbindung. Die Eintrittsöffnung in den
je höheren Raum befand sich dann im Fußboden und konnte mit einer starken,
aus Bohlen gezimmerten Falltür oder mit einer eisernen Klappe geschlossen
werden. War es dem Feind gelungen, in das untere Geschoß des Turmes
einzudringen, so zogen sich die Verteidiger in die oberen zurück. Die
Falltür wurde dann durch darübergestellte Gegenstände noch besonders
verrammelt. Um die Verteidiger unschädlich zu machen, zündete man dann wohl
im unteren Geschoß ein starkes Feuer an, sodaß das Holzwerk des Turmes samt
der Bemannung verbrannte, wenn letztere sich nicht rechtzeitig entschloß,
sich auf Gnade oder Ungnade zu ergeben oder durch einen Sprung in die Tiefe
lieber Hals und Bein zu brechen.
Jedenfalls war ein Eindringen des Feindes in den Turm gleichbedeutend mit
dem Untergang seiner Besatzung, falls nicht ein letzter Ausweg vorhanden
war. Sehr häufig kam es deshalb vor, daß aus dem
Turm ein unterirdischer Ausgang ins Freie führte, der den Verteidigern zum
Rückzug diente, wenn sogar der Turm unhaltbar geworden war. Aus dem
Eibensteiner Bergfried scheint es jedoch keinen geheimen Ausgang gegeben zu
haben und deshalb lässt auch die Sage den letzten Eibensteiner auf seinem
Pferd den Sprung in die Tiefe unternehmen, wobei Ross und Reiter an dem
Felsen zerschellten. Wie dem auch gewesen sein mochte, es scheint einst sehr
heiß hergegangen zu sein auf Burg Eibenstein, und die sagenhafte
Überlieferung von dem grässlichen Ende des letzten Ritters, den das Volk als
,,Templer“ bezeichnet, scheint teilweise auf tatsächlichen Ereignissen zu
beruhen.
i) Das äußere Befestigungswerk
Nachdem die einzelnen Teile der eigentlichen Burg erledigt sind, wollen wir
uns noch das äußere Befestigungswerk ansehen. Gemäß dem Grundsatz, daß
kein halbwegs nicht sturmfreier, das heißt unmittelbaren feindlichen
Angriffen ausgesetzter Teil der Burg und der Wohngebäude ohne äußere
Schutzmauer sein durfte, sehen wir auch Burg Eibenstein diesen Gesetzen
entsprechen.
Das zum Schutz der Auffahrtsrampe vermutete Vorwerk V V1 wurde bereits
erwähnt. Vier Meter seitwärts des Mauerrestes o p findet sich am Rand des
plattförmig abgesetzten Burgfelsens der Mauerrest (2), der einst mit (1) ein
und derselben Mauer angehörte. 15 m seitwärts von 2, dem Plattformrand
angeschmiegt, findet sich ein weiteres, ungefähr 5 m langes, oben vom Gras
stark überwuchertes Mauerstück (3), das zweifellos einer von 2 gegen 4
ziehenden Mauer angehörte, die bei 4, entsprechend der spitz auslaufenden
Plattform dem anderen Rand derselben folgte, an 5 anschloss und, wie der
Winkel dieses Mauerstückes zeigt, bei 6 an die Stützmauer S anschloss. Der
Mauerzug 2, 3, 4, 5, 6 umfriedete somit einen ,,Zingel“ genannten Raum (von
umzingeln - lat. cingere), der vorerst vom Feind eingenommen werden mußte,
bevor er die eigentliche Burg bedrängen konnte. Von 2 schloss dann die Mauer
aller Wahrscheinlichkeit nach an das Vorwerk V (bei o) an.
Nicht mit solcher Sicherheit lassen
sich die Mauerreste N, N1 und N2 verbinden, obgleich wenig Zweifel möglich
ist, daß auch hier die dahinterliegenden Teile der
Burg, besonders des Gadems, durch eine gemauerte äußere Umwallung besonders
geschützt gewesen sein müßten.
Der Raum Z1 wäre dann als Zwinger (aus dem mhd. twingaere = Bedränger), auch
Zwingerhof oder äußerer Burghof genannt, zu betrachten. Der Zwinger selbst
war dann vermutlich durch eine weiter vorgelagerte, bei D beginnende und
längs des äußeren Burggrabens bis an die Bachschlucht hinabziehende
Umfassungsmauer, die also auch hier einen „Zingel“ bildete, gedeckt. An
dieser Seite, der am wenigsten sturmfreien, war eine doppelte Sicherung
gewiss am Platz. Wie der Abhang zwischen dem Mauerstück J N2 des Palas und
der äußeren Rampenmauer D D1 m1 weiter unzugänglich gemacht, oder überhaupt
mit Gemäuer bedacht war, läßt sich nicht sagen.
Bei Versuchen stößt man zwar auf Mauersteine und Mörtel, doch spricht der
dichte Baumbewuchs nicht dafür, daß man es hier
mit einem zerstörten, einst an Ort und Stelle aufgeführten größeren
Mauerkörper zu tun hat. Dagegen läßt ein von J
gegen J2 sich hinziehender deutlich erkennbarer Rand unter dem Gras und
Mooswuchs gelagerte Mauertrümmer spüren, welche möglicherweise einer
Zwingermauer angehörten, die sich von J über J2 gegen den fraglichen
Wendepunkt (1) der Auffahrtsrampe gezogen hat oder aber an geeigneter
Stelle an das Zwingermauerstück N1 N2 anschloß;
dann aber müßte in dieser Mauer J, J2 gegen N1 ein
Tor gewesen sein, zu dem vielleicht der kleine Mauerrest t4 gehört haben
könnte, wenn derselbe nicht ein vom Mauerwerk der Burg oberhalb
herabgestürztes Stück bildet.
Die äußersten Umfassungsmauern besaßen besonders zur Verteidigung
eingerichtete Vorrichtungen. Der obere Teil dieser Mauern hatte, nach
anderen Beispielen zu urteilen, innen eine Brustwehr, einen schwächeren
Maueraufsatz mit Schießscharten und Blenden. Der schmale Raum, den das
Zurücktreten der schwächeren Brustwehr von der Mauerstärke frei ließ, diente
als Standpunkt für die Verteidiger. Er hieß Wallgang. War die Mauer nicht
breit genug hierfür, so wurde er durch ein hölzernes Gerüst ersetzt, das aus
Brettern bestand, die auf Stützbalken ruhten. Auf diesem Gerüst, das auch
den Namen Mordgang führte, konnten sich die Verteidiger hin und her bewegen.
Nachdem von den äußeren Schutzmauern der Eibensteiner Burg nur mehr einzelne
niedrige, nur von der Abhangseite zu bemerkende Mauertrümmer N1, 2, 3, 4 und
5 vorhanden sind, so läßt sich von der inneren
Höhe dieser einstigen Befestigungsmauer nur vermuten, daß
sie, entsprechend der des Maueransatzes bei D, ungefähr 4 m betrug.
Natürlich ist hier nichts von jenen viereckigen kleinen Mauerlöchern zu
bemerken, welche den Stützbalken der Mordgänge als Auflager dienten.
Solche Maueröffnungen finden sich aber verhältnismäßig häufig (12 - 15 cm im
Quadrat) auch im Mauerwerk der eigentlichen Burg Eibenstein. Diese
Öffnungen, bisweilen auch rund (10 - 12 cm Durchmesser) durchziehen die
Mauern in ihrer ganzen Dicke, rühren aber in diesem Fall von den
Gerüsthölzern beim Bau her; es sind dies die Lager jener Balken, welche
beiderseits der Mauer herausragten, um den Bretterbelag zu tragen, auf dem
die Arbeiter standen. Diese Tragbalken wurden eingemauert; beim Abbrechen
des Baugerüstes schnitt man dann die vorstehenden Stücke der Traghölzer
einfach ab, das Mittelstück blieb eingemauert. Im Laufe der Jahrhunderte
vermoderte wohl das Holz; doch kann man im Gemäuer von Eibenstein noch in
mehreren solcher Löcher die eingemauerten Holzprügel erkennen. Wohl zu
unterscheiden von diesen Bauhölzern sind jene Holzreste in den Wänden,
welche den Tragbalken der hölzernen Treppen oder den Stützbalken von
hölzernen Abteilungswänden gedient haben mochten.
j) Schlußbemerkungen
Aus den vorstehenden Darlegung dürfte sich ergeben, daß die Burg Eibenstein
in der Tat zwar größer, umfangreicher war, als man dem ersten Augenschein
nach zu glauben meint, daß sie aber dennoch in der
Zahl ihrer Räumlichkeiten ziemlich beschränkt war. Die Erbauer von
Eibenstein waren sicher kein reiches Geschlecht.
Die Einfachheit der äußeren Ausstattung der Burg, der Mangel jeglicher
baulicher Zierrate (Erker etc.), Inschriftsteine (Wappensteine) ober den
Toreingängen der Gebäude, deutet einerseits darauf hin, daß
die Burg zu den ältesten des Landes gehört und daß
sie mehr zur Verteidigung, zur gesicherten Unterkunft, als zur
Bequemlichkeit erbaut worden war, andererseits aber auch, daß
ihre Erbauer und deren Nachkommen nicht besonders prachtliebend bzw.
übermäßig bemittelt waren.
Der Zugang in die oberen Stockwerke des Palas war ziemlich verborgen; aus
dem Vorraum R in die vordere Abteilung der Gesindestube, von hier in den
vornehmsten Wohnraum im zweiten Stock. Die Treppen waren aus Holz, denn
hätten sie aus steinernen Stufen bestanden, so müßten
sich an den inneren Wandseiten irgendwo die Spuren bzw. die Auflager
(Wangenstücke) derselben zeigen.
Trotz dieser Einfachheit weist auch diese mittelalterliche Burg alle jene
Hauptteile auf, wie sie sonst umfangreichere, prächtigere Bauwerke dieser
Art besitzen. Wir haben das Frauen- oder Weiberhaus, auch Kemenate oder
Gadem genannt. Hier war der gewöhnliche Aufenthaltsraum der Frauen und
Kinder, hier wurden auch die weiblichen Besuche empfangen. Aber auch die
Spinnstube, die Leinenkammer und dgl. befanden sich hier, entweder im
Mittelraum oder im Erdgeschoß. In damaligen Zeiten fand es die Rittersfrau
nicht unter ihrer Würde, an den häuslichen Arbeiten, besonders am Spinnen
und Weben, teilzunehmen, oder aber die Arbeit der Mägde persönlich zu
beaufsichtigen.
Wir haben weiters das Herren- oder Männerhaus, auch Palas genannt, dann die
Kapelle, ein besonderes Küchenhaus, den Bergfried, ferner an äußeren
Befestigungswerken das Zingel, den Zwinger, ein Vorwerk und eine gesicherte
Zufahrtsrampe. Denken wir uns nun alle die Baulichkeiten vollständig mit
Mörtel beworfen, weiß getüncht, mit hohen Satteldächern versehen, alles
überragt durch das Spitzdach des Wartturms, dazu den blauen Himmel, den
hellen Sonnenschein und das frische Grün der Wälder und Wiesen, so muß man
zugeben, daß auch diese einfache Burg ihres Reizes
und ihrer natürlichen Schönheit nicht entbehrte.
Vom Dorf aus betrachtet fiel vor allem der hohe, kühn auf dem Felsen
stehende Wartturm ins Auge, von dessen Fuß sich nach rechtshin die mächtige,
etwa 5 m hohe Burgmauer gegen Osten hinzog, die durch das hohe Dach der
Kapelle und das des Turmes T1 überragt wurde. Weit abwechslungsvoller mußte
jedoch der Anblick der Burg von der dem Dorf entgegengesetzten Seite, etwa
von der gegenüberliegenden Höhe gewesen sein. Von hier aus betrachtet, sah
man die Burg terrassenförmig aufgebaut, das hintere Bauwerk überhöhte stets
das vorstehende.
Heute ist Eibenstein zum größten Teil ein Trümmerhaufen. Das Mauerwerk, das
noch steht, ist dem Verfall preisgegeben. Der letzte aus dem Geschlecht der
Erbauer der Burg, das unter dem Namen die Eibensteiner bekannt war, wird im
16. Jahrhundert genannt (1549).
Mit 1549 erlischt wohl die urkundliche Nachricht über die Eibensteiner.
Damit ist aber nicht gesagt, daß nicht beachtet, weil verarmt, Nachkommen
dieses Geschlechts noch irgendwo weiter leben. Ebenso darf das Alter eines
Geschlechts nicht immer nach der Ersterwähnung desselben in einer Urkunde
bemessen sein. Es mögen oft einige Generationen vergangen sein, bevor so
manches Geschlecht aus seiner Unbedeutendheit in den Vordergrund trat und
urkundlich genannt erscheint.
Wann die Eibensteiner Burg verödete, lässt sich nicht genau ermitteln. Im
Jahre 1672 sind in der Beschreibung von Matthäus Vischer zwar die Burgen
Raabs, Kollmitz, Karlstein, der Herrenhof in Primmersdorf, das Schloss
Drosendorf, Kloster Geras, der Wilhelmshof, Pyrrhahof, der Herrenhof in
Goggitsch, Unter- und Oberthumeritz, Schirmannsreith, Ruine Weikertschlag
usw. angeführt, also sämtliche bemerkenswertere Baulichkeiten der Umgebung,
doch Eibenstein erwähnt er nicht.
Dagegen läßt sich nicht einwenden, daß Eibenstein
damals schon zerstört war und deshalb keine Berücksichtigung erfuhr, da in
dem Vischerschen Werk auch Ruinen aus dem Waldviertel abgebildet sind, die
damals, wie die Abbildungen beweisen, weit weniger Mauerreste aufwiesen als
heute noch Eibenstein. Im Jahre 1672 mußte aber
von Eibenstein noch viel, viel mehr erhalten gewesen sein als heute, erzählt
doch die Überlieferung, daß die Burg noch zur Schwedenzeit (von ,,armen
Leuten“) bewohnt gewesen sei.
Will man der Sage eine tiefere Bedeutung zumessen, so hatten die letzten
Eibensteiner ein ziemlich wüstes Leben geführt (damit würde auch ihre
Verarmung, die urkundlich belegte Veräußerung und der Verkauf aller ihrer
Höfe u. dgl. erklärlich sein), so daß man
vielleicht nicht einmal durch bildliche Darstellung ihrer Trümmerburg ihr
Andenken überliefern wollte. M. Vischer nahm allerdings die von ihm
veröffentlichten Burgen nicht alle persönlich auf, sondern benutzte vielfach
ihm eingesandte Zeichnungen. Vielleicht lag es auch an einem dieser
Einsender, gerade das schön gelegene und gewiss nicht zu übersehende
Eibenstein auf diese Weise nicht verewigen zu helfen.
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